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Meinung: Ganz schön was angerichtet

Von Tissy Bruns

Kinder brauchen in einer kinderarmen Gesellschaft einen starken Anwalt. Am besten gleich den Staat. Um ganz genau zu sein: den Bundesstaat, gelegentlich sekundiert vom Bundesverfassungsgericht. Denn es ist eine grobe Fehlannahme, dass Politiker sich umso inniger um Familien und Kinder kümmern, je näher sie den Bürgern sind, also in Kommunen und Ländern. Das Gegenteil ist der Fall, wie die Diskussion um Renate Schmidts Gesetz für eine bessere Krippenversorgung beweist. Ein wahrer Abgrund tut sich auf: Die sachliche Zustimmung für die Familienministerin ist geradezu überwältigend, sie reicht von den Kirchen über Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften in alle Parteien. Auch in der Union sind alle dafür, die von Frauen, Familien, Arbeit, Wirtschaft etwas verstehen. Viele allerdings nur heimlich. Die Unionsfraktion wird heute im Bundestag durch Stimmenthaltung dokumentieren, dass es eine gewichtige sachferne Ablehnung dieses Gesetzes gibt: Länder und Kommunen haben Bedenken. Verständlich ist dabei die Angst der Kommunen vor zusätzlichen finanziellen Belastungen. Vorgeschoben sind dagegen die verfassungsrechtlichen Einwände der großen unionsregierten Länder. Wer die letzten zehn Jahren genutzt hat, um das Krippenangebot von 1,7 auf stolze 2,7 Prozent des Bedarfs zu heben, sollte nicht zu laut darauf bestehen, dass Kinderbetreuung eine Ländersache sei, die den Bund nichts angeht. Es war das Bundesverfassungsgericht, das – übrigens im Zusammenhang mit dem Abtreibungsgesetz – dem Ausbau der Kinderbetreuung einen großen Schub gegeben hat. Es waren Kommunen und Länder, die sich im Schneckentempo darum gekümmert haben – und wiederum die Bundesregierung in Gestalt von Familienministerin Schmidt, die endlich wieder mit Geld und Initiative dafür arbeitet.

Die Kommunen können dafür dankbar sein, denn sie verlören auf die lange Sicht mehr, als sie jetzt mit Hilfe des Bundes investieren sollen. Nichts wird für Städte und Gemeinden teurer als eine wachsende Desintegration von Familien und Kindern. Die Länder sollten ihren peinlichen Widerstand tunlichst einstellen. Und was für ein Gewinn, wenn die Spitzenpolitiker der Union uns ihre Meinung zur Sache kenntlich machen könnten. War es nicht Angela Merkel, die sich vor vier Jahren an ein neues Familienbild der CDU gewagt hat?

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