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Meinung: Geld allein macht’s nicht

Die Stadt Berlin ist wie ein armer Schlucker, der jeden Vorübergehenden nur darauf einschätzt, ob von ihm ein paar Cent zu holen sind. Dafür hat man als Passant einen Blick und geht schneller.

Die Stadt Berlin ist wie ein armer Schlucker, der jeden Vorübergehenden nur darauf einschätzt, ob von ihm ein paar Cent zu holen sind. Dafür hat man als Passant einen Blick und geht schneller. Klaus Wowereit, in dem sich Kaltblütigkeit und Bauernschläue vereinen, weiß das natürlich, wenn er dem Bundespräsidenten sagt, Berlin brauche Unterstützung im Bemühen, von allen Deutschen als Hauptstadt anerkannt zu werden. Und Horst Köhler, der sich das gestern in Berlin anhörte, weiß wie Wowereit, dass Berlin nichts weniger fehlt als diese Anerkennung. Der Regierende Bürgermeister meint etwas anderes. Wowereit findet, dass die Stadt so etwas wie eine gelungene Theaterinszenierung ist, deren Besuch man sich schließlich auch etwas kosten lässt. Die anderen Bundesländer freilich sehen Berlin nur als Kostgänger, der über seine Verhältnisse lebt. Das ist kurzsichtig. Deshalb macht es nicht nur Wowereit Hoffnung, wenn der Bundespräsident sich dafür einsetzen will, dass die Debatte über die künftige Rolle der deutschen Hauptstadt zu einem „guten Abschluss“ gebracht wird. Denn, so der welterfahrene Horst Köhler: Eine zuversichtliche Nation braucht eine kraftvolle Hauptstadt. Da freilich schließt sich der Kreis wieder. Deutschland ist so wenig zuversichtlich, wie Berlin kraftvoll ist. Beides ist vorab keine Frage des Geldes, sondern der Mentalität. Der „gute Abschluss“ der Debatte hat auch ein wenig damit zu tun, ob die Bundesbürger auf ihre Hauptstadt stolz sein können. Darüber aber entscheiden nicht Steuergelder, sondern vor allem die Berliner selbst. apz

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