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Zum Abschalten: Kanzlerin Angela Merkel während ihrer Rede im Bundestag.

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Generaldebatte im Bundestag: Hochamt der Langeweile

Sie gilt als der Höhepunkt der Haushaltsberatungen: die Generaldebatte. Die Opposition nutzt sie traditionell zur Abrechnung mit der Regierung. Wer am Mittwoch die Auflage 2014 gehört und gesehen hat, erleidet aber nur eins: Schmerzen.

Von Lutz Haverkamp

Ja, man kann das alles so sehen. Deutschland geht es gut, niemals gab es mehr Jobs, die Steuereinnahmen sprudeln, die Sozialkassen türmen riesige Überschüsse auf, der Haushalt kommt bald ohne neue Schulden aus, die Regierung tut etwas für Rentner, Mütter, Niedriglöhner, Pflegefälle und Pflegekräfte. Es ist auch angemessen, dass die Kanzlerin die eigene Bilanz aus einem positiven Blickwinkel betrachtet und in den Vordergrund schiebt.

Man kann die Lage in Deutschland auch anders bewerten, ohne völlig neben der Spur zu liegen. Die hohen Steuereinnahmen werden nicht ausreichend genutzt, um Deutschland auch für die nächsten 20, 30 Jahre zukunftsfest zu machen. Die Lage vieler Arbeitnehmer in Deutschland ist weiterhin prekär, viel zu viele Kinder leben in ärmlichen Verhältnissen, Bildung ist auch eine Frage der sozialen Herkunft, Klimaschutzpolitik hatte mal Vorrang, Kranke und Pflegefälle erleben schon jetzt eine Zwei-Klassen-Medizin, die Regierung plündert die Sozialkassen, um falsche Wahlversprechen zu finanzieren, wenigen Reichen geht es immer besser und die heimliche Enteignung der vielen Arbeiter und Angestellten über die kalte Progression geht weiter, weil die Groko eine aktive, gestalterische Steuerpolitik für diese Legislaturperiode längst beerdigt hat.

Das Bühnenbild für eine lebhafte, politische Debatte im Bundestag war also durchaus gegeben. Der Zuschauer hätte sich freuen können auf eine leidenschaftliche Redeschlacht um die besseren Konzepte und Ideen für die Zukunft des Landes. Aber weit gefehlt. Die Generaldebatte im Bundestag war ein Hochamt der Langeweile. Die große Koalition in tiefer Selbstgefälligkeit, die Opposition in selbstverschuldeter Angriffsunfähigkeit.

Die Hauptrednerinnen der ersten Debattenstunde - Katja Kipping, Angela Merkel, Katrin Göring-Eckardt - verabreichen ihren Zuhörern im Plenum und an den Bildschirmen eine Überdosis Valium. Ohne Esprit, ohne rhetorische Fähigkeiten, dafür mit altbekannten, zigmal geäußerten Tatsachen oder Behauptungen versetzen sie das ganze Land in einen Dämmerzustand. Zum Einschlaflied der Kanzlerin "Alles ist gut, ich kümmere mich" kommt die begleitende, kleine Nachtmusik der Opposition "Ihr macht alles falsch".

Das ist wirklich alles nicht schlimm für dieses Land. Es macht halt nur sehr wenig Lust auf Politik - und ist so unsäglich langweilig. Schmerzlich langweilig.

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