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Meinung: „Geprügelt für meine Liebe zu Amerika“

Ist das nicht politischer Selbstmord? Nicolas Sarkozy will französischer Präsident werden, aber im Wahlkampf lässt er sich mit Leuten sehen, die in Frankreich höchst unpopulär, ja geradezu verhasst sind: George W.

Ist das nicht politischer Selbstmord? Nicolas Sarkozy will französischer Präsident werden, aber im Wahlkampf lässt er sich mit Leuten sehen, die in Frankreich höchst unpopulär, ja geradezu verhasst sind: George W. Bush und die Elite der amerikanischen Juden. Aber Frankreichs Innenminister hat sich selten darum geschert, was der Mainstream für korrekt hält. Seine Karriere hat er als Rebell gemacht, der unangenehme Wahrheiten ausspricht.

Jetzt ist der 51-jährige Innenminister vier Tage durch die USA getourt und hat mal eben die Rolle des Ad-hoc-Außenministers geprobt. Er hat New Yorks Polizeichef zum Ritter der Ehrenlegion geschlagen, hat um Feuerwehrleute getrauert, die an 9/11 in den Trümmern des World Trade Centers starben, und unzählige Kopien seines Bestsellers über Frankreichs Zukunft signiert. Die will er maßgeblich prägen. Also führt er den Franzosen vor, dass er längst international als Staatsmann akzeptiert wird. Der Empfang im Weißen Haus adelt ihn, da mag der Hausherr noch so unbeliebt sein.

Er spricht laut aus, dass er anders denkt als das Establishment in Paris – und hofft, dass es die Franzosen hören. „Für meine Liebe zu Amerika habe ich viel Prügel eingesteckt.“ Er hat ein Herz für Israel, verehrt Hemingway, ist Fan der TV-Serie „Miami Vice“. Er war gegen den Irakkrieg, aber die Diplomatie seines Präsidenten Jacques Chirac war ihm „peinlich“. Wie kann man dem engen Verbündeten USA in den UN in den Rücken fallen! Und jetzt das Hin und Her um Friedenstruppen für den Libanon! Sarkozy sagt, dass die Franzosen die USA heimlich bewundern, ihre Kinder am liebsten auf amerikanische Unis schicken würden.

Sarkozy ist das Gegenkonzept zu Schröder oder Merkel, die den Deutschen versprachen, sie wollten nichts anders, nur vieles besser machen. Sarkozys Rezept für Frankreich ist nicht sanfte Reform, sondern „rupture“ – der Bruch mit dem Gewohnten. Er ist kein Absolvent der Eliteschule ENA wie die übrige politische Klasse. Der Sohn eines ungarischen Einwanderers liest muslimischen Immigranten die Leviten, statt mitleidig über soziale Benachteiligung zu reden. Er fordert mehr amerikanische Marktwirtschaft, weil die Jobs schaffe, nicht noch mehr Sozialgesetze. Und er ist damit mehrheitsfähig.

Die Deutschen fürchten krasse Veränderung. Die Franzosen sind stolz auf ihre Revolution. Aber wer sagt denn, dass sie am Ende so heiß essen müssen, wie Sarkozy redet.

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