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Patienten sollten ihren Ärzten vertrauen können. Deshalb müht sich die Politik nun um ein Korruptionsverbot.

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Gesetz gegen Ärzte-Korruption: Das Korruptionsverbot ist ein notwendiger Eingriff

Mit der Ökonomisierung des Gesundheitswesens ist im Arzt-Patienten-Verhältnis bereits manches ins Wanken geraten. Doch Ärzte leben vom Vertrauen der Kranken – deshalb braucht es ein Korruptionsverbot.

Wie gut kennen Sie Ihren Arzt? Sind Sie sich wirklich sicher, dass er Ihnen nur Medikamente verordnet, die aus medizinischer Sicht am wirksamsten sind? Könnte es nicht sein, dass er sich gerade von der Arzneifirma XY für eine sogenannte Anwendungsbeobachtung bezahlen lässt und Ihnen deshalb lieber das Mittel dieses Herstellers aufschreibt? Muss er sich womöglich dem Konzern gegenüber gefällig zeigen, der ihm seine Computer gesponsert hat? Und hat er Ihnen vielleicht nur deshalb das Krankenhaus Soundso empfohlen, weil er von diesem regelmäßig „Fangprämien“ erhält?

Damit kein falscher Eindruck entsteht: Die meisten Mediziner arbeiten ehrlich und engagiert, ihr Maßstab ist das Patientenwohl. Korruption in Arztpraxen ist trotz der erregten Debatte darüber nicht die Regel, sondern die Ausnahme. Aber das Verhältnis zwischen Behandeltem und Behandler ist ein hochsensibles. Der medizinische Erfolg lebt vom Vertrauen des Kranken in die Aufrichtigkeit seines Arztes. Darauf, dass die verordnete Arznei sinnvoll und der empfohlene Eingriff notwendig ist.

Mit der Ökonomisierung des Gesundheitswesens ist im Arzt-Patienten-Verhältnis bereits manches ins Wanken geraten. Sparwütige Krankenkassen haben daran ebenso ihren Anteil wie die zunehmende Bedeutung der Labor- und Apparatemedizin. Vor allem aber ist der Vertrauensverlust den Geschäftstüchtigen der Branche zuzuschreiben. Nein, wir sprechen noch gar nicht von Bestechlichkeit. Die Rede ist vom massenhaften und legalen Verkauf nutzloser Zusatzleistungen in den Arztpraxen. Und von der auffällig gestiegenen Zahl besonders einträglicher Operationen in deutschen Kliniken.

Da hat das BGH-Urteil, das den Freiberuflern einen Freibrief ausstellt, gerade noch gefehlt. Man muss nur seine eigene Praxis haben und schon greifen die schönen Korruptionsparagrafen des Strafgesetzbuches nicht mehr. Das Signal war ein verheerendes: Egal, wie sich die Doktores ihre Taschen füllen, die Staatsanwaltschaft hat es nicht zu interessieren. Die Pharmaindustrie musste den Richterspruch geradezu als Aufforderung verstehen, ihre Landschaftspflege weiter zu intensivieren.

Umso wichtiger, dass die Politik das nicht so stehen lässt. Dass sie die Gesetzeslücke samt daraus erwachsener Verunsicherung flottestmöglich beseitigt. Und auch die Vorteilsannahme und -gewährung bei Praxisärzten unter Strafe stellt.

Mit einem Affront gegen die Ärzteschaft hat Daniel Bahrs Vorstoß jedenfalls nichts zu tun. Im Gegenteil: Die Medizinerzunft steht dank der neuen Strafvorschrift künftig nicht mehr unter Generalverdacht. Die vielen Unbestechlichen bekommen signalisiert, nicht zu den Dummen zu gehören. Und die Praxisärzte werden endlich ähnlich behandelt wie Amts- und Klinikärzte auch.

Dass sich der Minister erst überzeugen wollte, dass die Sanktionsmechanismen der Ärztekammern nicht greifen, ist ihm nicht vorzuwerfen. Dass er das Korruptionsverbot ins Sozialgesetzbuch packen will, ebenso wenig. Eine Strafrechtsänderung wäre in dieser Legislatur kaum mehr drin gewesen. So kann es sogar vor der Wahl noch was werden – wenn die SPD mitzieht. Zu wünschen wäre es.

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