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Kommerziell und sexuell aufreizend: Solche Nacktfotos von Kindern sollen verboten werden.

© dpa

Gesetzentwurf gegen Kinderpornografie: Mehr Schutz für die Schwächsten

Der Gesetzentwurf von Heiko Maas gegen die Verbreitung von Kindernacktfotos ist richtig. Traurig nur, dass es dafür erst der Affäre von Sebastian Edathy bedurft hat.

Kein Grund zu familiärer Aufregung. Eltern, die ihre Kinder nackt beim Spielen im Sandkasten oder am Strand fotografieren, werden künftig nicht vor Gerichte gezerrt. Auch die Freiheit der Kunst ist nicht in Gefahr. Es geht weder um Prüderie noch um Zensur. Nur: Wer Kinder bewusst in geschlechtlich aufreizender Pose ablichtet, diese Aufnahmen ins Internet stellt und womöglich gar gezielt und gewinnorientiert vertreibt, der könnte demnächst ein Problem bekommen. Mitsamt seiner Kundschaft.

Der Vorstoß ist gut. Er ist überfällig. Traurig ist allenfalls, dass es dafür erst der Affäre eines Politikers und seiner schwer erträglichen Selbstrechtfertigung bedurft hat. „Was ich getan habe, war im legalen Bereich“, sagte der Nacktaufnahmen-Besteller Sebastian Edathy, der – man muss das betonen – selber alle diesbezüglich in- frage kommenden Gesetze mitverhindern durfte. „Es gibt keinen juristischen Grund“, so dozierte er, „gegen mich vorzugehen.“

Niemand wird sich mehr mit "ästhetischen Interessen" herausreden können

Geht es nach dem Justizminister, gibt es nun hoffentlich bald einen. Wer die genannten Aufnahmen verbreitet, sie unbefugt, also gegen den Willen des Kindes, anfertigt oder auch „bloß“ konsumiert, dem drohen bis zu fünf Jahre Haft. Mit Privatsphäre, einem rein „ästhetischen Interesse“ oder pseudogelehrtem Geschwurbel über Nacktheit in der Kunstgeschichte wird sich dann keiner mehr herausreden können. Dem einstigen SPD-Innenpolitiker gebührt das unfreiwillige Verdienst, die Gesetzeslücke mit seinem eigenen Verhalten augenfällig gemacht zu haben.

Bisher sind hierzulande Nacktaufnahmen von Kindern legal, wenn darauf nicht explizit sexuelle Handlungen zu sehen sind. Ihr Vorgehen gegen Edathy konnten die Staatsanwälte folglich nur durch den Verdacht begründen, dieser könne wegen seines Interesses und der Bezugsquellen auch verbotene Kinderpornografie besitzen.

Zynische Einwände aus der Wissenschaft

Diese Behelfskonstruktion ist zu wenig. Zwar muss und kann nicht alles, was moralisch verwerflich ist, einen Paragrafen im Strafgesetzbuch erhalten. Doch in Zeiten des Internets und seiner überbordenden Verwertungsmaschinerie benötigen gerade die Schwächsten der Gesellschaft stärkeren Schutz. Missbrauch findet nicht erst statt, wenn Kinder vor der Kamera zu sexuellen Handlungen gezwungen werden. Er beginnt, wann immer Kinder getäuscht, bedroht, benutzt werden, um Gelüste von Erwachsenen zu befriedigen. Außerdem bleibt es selten bei den angeblich harmlosen Aufnahmen. Die Verkäufer haben meist noch ganz anderes im Portfolio. Die Kunden wissen das. Und sie wissen auch, dass ihre Lustobjekte ein Leben lang Opfer sind. Weil die einmal angefertigten Bilder ebenso im Netz bleiben wie das Trauma in den Köpfen.

Angesichts dessen wirkt der Wissenschaftler-Einwand, dass Kinder durch die Ventilfunktion solcher Aufnahmen bei Pädophilen womöglich vor weit Schlimmerem bewahrt bleiben, zynisch. Billigen wir nun auch Körperverletzung, weil dem Opfer durch derartige Aggressionsabfuhr vielleicht noch heftigere Gewalt erspart bleibt? Prävention und Hilfe für Pädophile sind unverzichtbar. Dennoch tut die Gesetzesverschärfung not. Das eine zu tun, bedeutet ja nicht, das andere lassen zu müssen.

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