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„Merkozy“ zahlen für das Brüsseler Gipfelergebnis einen hohen Preis, weil sich die bereits bestehende Spaltung in der EU noch verfestigt.

© dpa

Brüssel: Gipfel-Ergebnis: Der Preis ist die Spaltung der EU

Das letzte Brüsseler Treffen könnte dasjenige gewesen sein, in dem etwas zu Ende gegangen ist: die alte EU, wie wir sie bisher kannten.

So endet die Welt. Nicht mit einem Knall, sondern einem Wimmern. So steht es in einem Gedicht des englischsprachigen Dramatikers T. S. Eliot, und es passt ganz gut zu dem, was am Freitagmorgen in Brüssel passiert ist. Denn tatsächlich könnte unter all den Krisengipfeln, die Europa in diesem Jahr erlebt hat, das letzte Brüsseler Treffen dasjenige gewesen sein, in dem etwas zu Ende gegangen ist: die alte EU, wie wir sie bisher kannten. Wer am Ende wimmern wird – der Großteil der EU-Länder, die nun vorangehen oder die einsam in der Ecke stehenden Briten –, ist zwar logischerweise noch nicht ausgemacht, weil keiner den weiteren Fortgang des Euro-Dramas kennen kann. Aber es spricht einiges dafür, dass die EU-Länder, die sich jetzt zu einer Fiskalunion zusammenschließen wollen, am Ende doch zu den Gewinnern gehören werden.

Ganz prosaisch betrachtet hat dieser Gipfel ein gutes Ergebnis geliefert. Er hat die Handlungsfähigkeit der EU-Staaten unter Beweis gestellt, die ihre gemeinsame Währung retten wollen. Ihre Absicht ist, nun untereinander einen neuen Vertrag zu schließen, der die Defizitsünder in der Euro-Zone künftig mit noch strengeren Regeln als bisher vom Schuldenmachen abhalten soll. Zugegeben: Das ist nicht die ganz große Lösung, auf die alle diejenigen gehofft haben, die das Endspiel um den Euro möglichst rasch über die Bühne bringen wollen. Nein, dieser Gipfel markiert angesichts der Aussicht, dass dieses Endspiel alle Beteiligten – Politiker, Bürger, Märkte – wohl noch einige Zeit in Atem halten wird, erst einmal eines: eine Etappe im Kampf um den Euro, mehr nicht.

Aber jenseits der Tagespolitik gab es bei diesem Brüsseler Treffen wohl auch einen historischen Moment. Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy haben einen engeren Zusammenschluss der 17 Euro-Staaten und all derer, die diesem Club demnächst beitreten wollen, forciert. Damit haben sie in Kauf genommen, dass der britische Premierminister David Cameron bei diesem Reformprojekt nicht dabei sein wird.

Das Ziel, das Merkel und Sarkozy dabei verfolgen, ist richtig: Größere Haushaltsdisziplin und automatische Sanktionen für Defizitsünder. Dabei ist auch klar, dass in der von der Kanzlerin gepredigten Etatdisziplin allein noch kein Allheilmittel für die umfassende Gesundung der Gemeinschaftswährung liegt. Wenn die kriselnden Staaten im Süden der Euro-Zone einen strikten Sparkurs verfolgen, können sie zwar das Vertrauen von Investoren wiedererlangen. Um die Marktturbulenzen zu beenden, braucht es aber auch ein sicheres Auffangnetz für die Krisenländer. Deshalb ist es gut, dass beim Gipfel dieses Netz, der künftige Euro-Rettungsschirm ESM, noch einmal gestärkt wurde. Merkel dürfte noch ihre Schwierigkeiten bekommen, den lieben Koalitionsfreunden zu Hause die künftige Funktionsweise des ESM zu erklären – denn Privatgläubiger sollen dabei möglichst nicht haften.

Allerdings zahlen „Merkozy“ für das Brüsseler Gipfelergebnis einen hohen Preis, weil sich die bereits bestehende Spaltung in der EU noch verfestigt. Wir leben nun nicht mehr in einem Europa der zwei, sondern der drei Geschwindigkeiten: ein solider Kern der Euro-Zone um Deutschland, kriselnde Südeuropäer mit dem Euro und alle anderen, die dazukommen können oder auch nicht. Welchen Platz das Großbritannien von David Cameron einnehmen will, bleibt ihm überlassen.

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