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Meinung: Glückliche Kühe, blühende Landschaften Der EU-Agrarkommissar will die Subventionen kürzen

In Brüssel hat am Mittwoch die Agrarwende begonnen. Zwar werden die Agrarsubventionen insgesamt nicht sinken.

In Brüssel hat am Mittwoch die Agrarwende begonnen. Zwar werden die Agrarsubventionen insgesamt nicht sinken. Aber zumindest wird das Geld künftig vernünftiger ausgegeben. Statt Masse soll Klasse gefördert werden. Und es gibt kein Geld mehr, wenn die Bauern dafür nicht auch bestimmte Leistungen erbringen, beispielsweise ihre Tiere besonders gut behandeln oder weniger Ackergifte spritzen. Deshalb ist die Reform von EU-Agrarkommissar Franz Fischler ein großer Wurf.

Allerdings wollte Fischler mehr. Er wollte mit seinen Reformen bereits im kommenden Jahr anfangen. Außerdem wollte er Subventionsobergrenzen einführen, um mehr Geld für die ländliche Entwicklung zur Verfügung zu haben. Damit ist er an Frankreich und an Deutschland gescheitert. Die beiden Kernländer der EU sind eben nicht immer der Reformmotor – vor allem, wenn sie sich nicht einig sind. Deutschland kann es mit der Agrarreform gar nicht schnell genug gehen. Frankreich würde das alte System gerne noch etwas länger erhalten, weil seine Bauern das meiste Geld aus Brüssel überwiesen bekommen. Dagegen war Frankreich bereit, ostdeutschen Großbauern etwas mehr Geld wegzunehmen. Das traute sich aber die deutsche Ministerin nicht.

Franz Fischler weiß, wann er Kompromisse machen muss, um die Gesamtreform zu retten. Also hat er auf diese beiden allerdings wichtigen Details verzichtet, um sich die Zustimmung der Regierungschefs zu sichern – und zwar noch vor der Osterweiterung. Denn wenn vom kommenden Jahr an zehn weitere Regierungschefs mit am Tisch sitzen, wird es noch schwerer, den an Widersinn so reichen europäischen Subventionsdschungel zu lichten. Polen hat bereits beim Erweiterungsgipfel bewiesen, dass dort noch die Devise gilt: Einkommensbeihilfen aus Brüssel sind prima, zumindest so lange andere dafür bezahlen.

Es ist zwar nicht ganz gerecht, die Neumitglieder über die Finanzplanung bis 2013 noch nicht mitentscheiden zu lassen – aber vernünftig. Schon bisher waren EU-Agrargipfel nicht gerade einfach zu bestehen. Erstens fürchten alle Regierungen die Schlagkraft ihrer Bauern. Deshalb werden auf den Gipfeln die absurdesten Kompromisse geschlossen, um überhaupt zu einer Einigung zu kommen. Deshalb wird auch kaum darüber geredet, wie die Agrarsubventionen auf ein vertretbares Maß gekürzt werden können. Das hat aber auch noch einen anderen Grund. Die Regierungschefs fürchten sich vor einer Debatte um den Brotpreis. Werden die Subventionen gekürzt, steigen die Preise, das behaupten zumindest die Bauern. An so einer Diskussion hat seit der französischen Revolution kein Politiker mehr Interesse. Denn die ist auch wegen eines zu hohen Brotpreises ausgebrochen. Das denken zumindest die meisten Regierungschefs.

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