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Premierminister Giorgos Papandreou hat das Vertrauen der Bevölkerung verspielt.

© AFP

Griechenlandkrise: Diesem Ende wohnt kein Anfang inne

Griechenland ist pleite. Ein Schuldenschnitt wird das nicht ändern. Denn auch das politische System ist bankrott.

Gute Nachrichten aus Irland: Die Wirtschaft verzeichnet ein kräftiges Wachstum, die Steuereinnahmen steigen. Die Regierung in Dublin rechnet damit, bereits im kommenden Jahr wieder an die Finanzmärkte zurückkehren und auf Rettungskredite der Euro-Staaten verzichten zu können. Die Iren sind offenbar auf einem guten Weg.

Von Griechenland kann man das leider nicht sagen. Hilfsgelder in Höhe von 65 Milliarden Euro haben die Euro-Staaten und der Internationale Währungsfonds in den vergangenen 16 Monaten nach Athen überwiesen. Aber Griechenland steht heute näher am Abgrund des Staatsbankrotts als zu Beginn der Rettungsaktion. Das Land rutscht immer tiefer in den Schuldensumpf. Premierminister Giorgos Papandreou vergleicht den Weg seines Landes gern mit einer „Odyssee“. Doch während Homers Held Odysseus schließlich doch noch das rettende Ithaka erreichte, droht Papandreous Irrfahrt so zu enden wie die Jungfernfahrt der „Titanic“.

Zu lange haben die Retter Griechenlands und die Griechen selbst sich der Illusion hingegeben, das Land habe nur ein Liquiditätsproblem, das mit Überbrückungskrediten zu lösen wäre. Aber in Wirklichkeit ist Griechenland insolvent. Diese bittere Erkenntnis beginnt nun in der EU zu dämmern. Man denkt deshalb über einen massiven „Haircut“ nach, einen Schuldenschnitt.

Den Griechen einen Teil ihrer Schulden zu erlassen, wäre indes nur dann sinnvoll, wenn sie in Zukunft nicht mehr ausgeben, als sie einnehmen, und die Wirtschaft eine Wachstumsperspektive hat. Beides ist bisher nicht zu erkennen. Griechenlands Gewerkschaften verteidigen die Privilegien der Staatsbediensteten und blockieren jene Strukturreformen, die das Land wieder wettbewerbsfähig machen könnten. Tag für Tag streiken sie Griechenland tiefer ins Chaos. Die Regierung verspricht Reformen und Privatisierungen, setzt sie aber nicht um. Das Parlament verabschiedet Gesetze, doch sie werden nicht angewandt.

Die sozialistische Regierung scheut sich, Klientelinteressen anzutasten. Fast jeder vierte erwerbstätige Grieche wird vom Staat bezahlt. Aber statt den aufgeblähten öffentlichen Dienst zu stutzen, hat Papandreou seit seinem Amtsantritt mehrere Zehntausend Menschen mit Posten im Staatsapparat versorgt. Kein Wunder, dass der Schuldenberg immer weiter wächst – von 166 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in diesem Jahr auf 189 Prozent im nächsten. Das ist mehr als das Dreifache der Obergrenze des EU-Stabilitätspakts. Selbst wohlwollende Beobachter erkennen: Die Regierung Papandreou hat weder den politischen Willen noch die Kraft, die nötigen Reformen umzusetzen.

Was die Situation noch auswegloser macht: Eine Alternative ist nicht in Sicht. In einer solchen existenzbedrohenden Krise müssten Griechenlands Politiker an einem Strang ziehen. Aber der konservative Oppositionsführer Antonis Samaras weigert sich, politische Mitverantwortung zu übernehmen. Griechenland steht nicht nur vor der Staatspleite. Auch das politische System ist bankrott. Die Griechen haben das Vertrauen in ihre Politiker verloren. Neunzig Prozent der Bewohner sind mit der sozialistischen Regierung unzufrieden, aber fast ebenso viele mit der konservativen Opposition.

Während die Parteien zanken, rutscht das Land immer tiefer in die Rezession. Das ist nicht zuletzt ein Ergebnis der ruinösen Steuerpolitik der Regierung Papandreou, die dem Wirtschaftskreislauf immer mehr Geld entzieht. Der verschwenderische Staat versucht sich auf Kosten der ehrlichen Steuerzahler zu sanieren. Die Steuerhinterziehung der Großverdiener indes wagt oder vermag die Regierung nicht wirksam zu bekämpfen.

Der „Haircut“ rückt näher, aber retten wird er das Land nicht. Der Schuldenschnitt kann Griechenland nur für kurze Zeit Erleichterung verschaffen. Griechenland läuft Gefahr, schon in wenigen Jahren wieder am Rand der Staatspleite zu stehen. Denn für jene einschneidenden Reformen, die das Land braucht, gibt es weder einen politischen noch einen gesellschaftlichen Konsens.

„Entweder wir ändern uns oder wir gehen unter“, hat Premier Papandreou seine Landsleute in den vergangenen Monaten immer wieder gemahnt. Es scheint, als hätten sich die Griechen für den Untergang entschieden.

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