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Meinung: Guter Türke, böser Türke

Ist es so schwer, einem Freund Abwehrraketen zu liefern?

Na, das ist doch mal eine gute Nachricht aus der Regierung. Es stimme gar nicht, was mehrere Zeitungen am Sonntag und Montag übereinstimmend berichtet hatten, sagt ihr Sprecher: dass Rot-Grün der Türkei Patriot-Luftabwehrsysteme verweigere. Man habe noch gar nicht entschieden.

Eine uneingeschränkt gute Nachricht ist das allerdings auch wieder nicht. Warum gibt es überhaupt Zweifel an der Lieferung? Bisher hatte der Kanzler bei aller Ablehnung eines Irak-Kriegs doch folgende Trennlinie gezogen: Nein zur Beteiligung, Ja zu allem, was unter Bündnispflichten fällt. Luftabwehrraketen sind keine Offensivwaffen, ihre Lieferung wäre eindeutig Hilfe zur Landesverteidigung eines Nato-Partners. Dass die Türkei im Falle eines Irak-Kriegs stärker geschützt werden muss, wird niemand bestreiten. Rot-Grün könnte also allenfalls sagen: Wir warten noch etwas ab, welche Beweise gegen Saddam Amerika im Sicherheitsrat präsentiert und ob sich die Lage Richtung Krieg entwickelt; wenn es aber soweit kommt, kann die Türkei selbstverständlich auf unseren Beistand zählen.

Deutschland hatte schon im ersten Golfkrieg 1991 Roland- und Hawk-Luftabwehrraketen nach Erhac und Diyarbakir verlegt, zudem 18 Alpha-Jets – und 600 Soldaten – mitgeschickt. Das war zu einer Zeit, als die Bundesrepublik viel zurückhaltender mit Auslandseinsätzen war als heute. Damals blieb die Bundeswehr auch in den Awacs-Flugzeugen. Die Argumentation lautete: Je klarer wir demonstrieren, dass ein Angriff auf die Türkei ein Angriff auf die Nato wäre, desto sicherer bleibt er aus. Er blieb aus. Will Deutschland zwölf Jahre später hinter das Selbstverständnis von 1991 zurück?

Die Argumente, die Koalitionspolitiker daraufhin testen, ob sie für ein Nein an die Türkei taugen, klingen nach fauler Ausrede: Von den 36 Patriot-Systemen seien zwei auf dem Weg nach Israel, 30 brauche man selber. Wozu? Droht Deutschland ein Luftangriff? Die Patriots sind in der Nato auch für die Bündnisverteidigung eingeplant.

Aus all dem Unbehagen klingt auch das ungeklärte Verhältnis der Regierung zur Türkei heraus. Einerseits finden Schröder und Fischer sie so wichtig, dass sie ihren langfristigen EU-Beitritt fördern. Andererseits sind die Vorbehalte so groß, dass Rot-Grün keine Waffen liefern will und jetzt sogar die Verteidigung des Nato-Partners in Frage stellt.

Rot-Grün hat ja noch nicht entschieden. Und Schröder weiß, dass auch Deutschland sichere Verbündete braucht. Da wird er sich doch als verlässlicher Alliierter erweisen?

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