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Heiratsaufforderung an Gauck: Norbert Geis, der bayerische Taliban

Der CSU-Politiker Norbert Geis hat den designierten Bundespräsidenten Joachim Gauck aufgefordert, seine Freundin zu heiraten. Tagesspiegel-Kolumnist Harald Martenstein hat sich Geis' Ansichten mal genauer angeschaut - und interessante Parallelen entdeckt.

Ich konnte es zuerst gar nicht begreifen, wieso ausgerechnet ein CSU-Politiker, Norbert Geis, den designierten Bundespräsidenten dazu auffordert, seine Lebensgefährtin zu heiraten. Der Parteivorsitzende, Horst Seehofer, hat seine Freundin doch auch nicht geheiratet. Diese beiden haben sogar ein gemeinsames Kind! Es scheint in der CSU eher üblich zu sein, Nebenfrauen zu verstoßen, sobald die Öffentlichkeit von ihnen erfährt.

Da soll offenbar, ähnlich wie im Fall Wulff, das Prinzip „Gleiches Recht für alle“ schon wieder außer Kraft gesetzt werden. Bei Wulff lautete der Gedanke: Staatsbedienstete dürfen keine Geschenke annehmen, aber ihr Chef darf es. Bei dem CSU-Mann Geis heißt die Idee: Politiker aus anderen Parteien sollen die Ehe gefälligst heilig halten und in geordneten Verhältnissen leben. CSU-Spitzenpolitiker müssen dies nicht in gleichem Maße tun. Einem CSU-Mann verzeiht Gott nämlich alles. Sonst hätte er diese an Sünden, Skandalen und Doppelmoral überreiche Partei längst in einen riesigen Leberkäse verwandelt. Außerdem hat Joachim Gauck mehrfach gesagt, er wolle vorerst nicht heiraten. Der Vorschlag läuft also auf die Einführung der Zwangsehe hinaus. Die Zwangsehe steht, außer in CSU-Kreisen, hauptsächlich bei radikalislamischen Gruppen auf dem Programm, etwa den Taliban.

Ich habe mir Norbert Geis näher angeschaut. Er war ursprünglich Bürgermeister von Edelbach-Kleinkahl. 1993 wurde er berühmt, weil er Deutschlandauftritte der Sängerin Madonna als unsittlich verbieten lassen wollte. Etwas später verlangte er, dass in allen deutschen Zügen bewaffnete Zugbegleiter mitfahren, sicher ist sicher. Seine nächste Idee bestand darin, die gezielte Tötung von Personen zu legalisieren, die „potenzielle Aggressoren“ sind. Weil Madonna zweifellos eine potenzielle Angreiferin auf Sitte und Anstand ist, wäre Madonna bei ihrer nächsten Deutschlandtournee von einem Kugelhagel der GSG 9 empfangen worden. Geis ist auch für die Einführung der Sicherungsverwahrung ohne vorherigen Prozess. Außerdem hat er eine Erklärung unterzeichnet, in der vor den „totalitären Bestrebungen“ der deutschen Lesben- und Schwulenverbände gewarnt wird. Angeblich stehen wir an der Schwelle einer Schwulendiktatur.

Ablehnung der westlichen Popmusik, Zuneigung zu Feuerwaffen, Scharia statt Rechtsstaat, Angst vor Schwulen, Nebenfrauen der Scheichs, Zwangsehe – ich kann die politischen Positionen von Geis beim besten Willen nicht von denen der Taliban unterscheiden. Einziger Unterschied: Er trägt keinen Bart. Die von den Rechtsradikalen behauptete Gefahr einer „Islamisierung Deutschlands“ gibt es also tatsächlich, sie geht hauptsächlich von Norbert Geis aus.

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