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Artur Mas, Kataloniens Regierungspräsident.

© AFP

Katalonien will unabhängig werden: Heißer Herbst

"Spanien hat Angst vor dem Ergebnis", sagt Kataloniens oberster Separatist. Artur Mas weiß, wie er die Autonomie auch ohne Referendum vorantreiben kann

Spanien steht ein heißer politischer Herbst bevor. Nachdem das spanische Verfassungsgericht in Madrid die Volksbefragung im abtrünnigen Katalonien über die Unabhängigkeit auf Eis legte, steigen die Spannungen. Katalanische Separatistenbewegungen riefen zum zivilen Ungehorsam auf und kündigten Massenproteste an. Das Verfassungsgericht hatte auf Antrag der Regierung in Madrid per Eilverfahren das für den 9. November geplante Referendum ausgesetzt. Nun müssen die obersten Richter darüber beraten, ob die von Katalonien beschlossene Befragung, die anders als in Schottland nicht bindend sein soll, ganz verboten wird. Ein Verbot gilt als wahrscheinlich, da laut Verfassung regionale Referenden vom Staat genehmigt werden müssen.

Doch Kataloniens oberster Separatist, der katalanische Ministerpräsident Artur Mas (58), will sich auch vom Verfassungsgericht nicht aufhalten und auf jeden Fall abstimmen lassen. „Wie alle Nationen in der Welt hat auch Katalonien das Recht, über seine politische Zukunft zu entscheiden“, sagt Mas. Wenn nicht in einer Volksbefragung, dann in einer vorgezogenen Regionalwahl, die von keinem Richter verboten werden kann. Soweit die Umfragen nicht täuschen, werden dann Mas und seine Weggefährten ihre politische Mehrheit in Katalonien weiter ausbauen können. Auch das dürfte ein klares Signal sein, welches den Konflikt mit Spanien weiter befeuern und die Fahrt Richtung Unabhängigkeit eher beschleunigen dürfte.

Jede Abfuhr Spaniens an Autonomie- oder sogar Abspaltungsgelüste der Katalanen war in der Vergangenheit stets Wasser auf die Mühlen der Separatisten. Es scheint also ganz so, als ob die Vogel-Strauß-Politik von Spaniens konservativem Regierungschef Mariano Rajoy, der bei politischen Problemen gerne auf Tauchstation geht, eher kontraproduktive Auswirkungen hat: Die Entfremdung zwischen Spanien und seiner wirtschaftsstärksten Region Katalonien, in der heute 7,5 Millionen Bürger leben, wird immer größer. Kaum vorzustellen, dass sich dieser wachsende Wille für eine größere katalanische Autonomie oder sogar Unabhängigkeit durch Verbote in die Knie zwingen lässt. Zumal die Katalanen nicht verstehen, warum in Schottland oder Quebec ähnliche Referenden erlaubt wurden, in Katalonien aber nicht möglich sein sollen. Stimmt vielleicht die Vermutung des katalanischen Regionalfürsten Mas, dass Spanien „Angst vor dem Ergebnis“ hat?

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