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IAA 2011: Alte Lust und frische Luft

Die Internationale Automobilausstellung wird zur Bühne neuer Antriebskräfte. Doch die Wende lässt auf sich warten - noch.

Es gibt Menschen, sogar sehr erfolgreiche Menschen in unserer Gesellschaft, die besitzen nicht einmal einen Führerschein. Es gibt die Bürgermeister von New York, London oder München, die fahren morgens mit der U-Bahn oder mit dem Fahrrad ins Büro. Wie Millionen andere Menschen auch. Aber Ausnahmen, zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung, sind sie schon. Vor allem für die Deutschen.

Für das Volk der Autobauer und Autofahrer, in dessen Mitte ab morgen wieder die weltgrößte Automobilausstellung beginnt. Allerdings steht die IAA diesmal im Zeichen der Wende. Die hatte sich zwar schon seit Jahren angekündigt, und ausgerechnet Deutschlands technisch so avancierte Karossen-Konzerne schienen sie eine Zeitlang fast zu verschlafen.

Nun aber spricht alles von den Antrieben der Zukunft. Von Elektromotoren, von Batterien, Brennstoffzellen, Wasserstoffspeichern. Das Erdöl wird knapper, Benzin und Diesel werden teurer und das Klima immer schlechter. Der Planet braucht zum Überleben und der automobile Mensch zum Fahren eine andere, eine zweite Luft. Weniger schädliche Emissionen, mehr neue Energien. Zumal die Menschen auch in China, Indien oder Brasilien Auto fahren möchten. Wie wir.

Das hat klimapolitisch fatale Folgen – und hält den größten, bald vielleicht einzigen Wachstumsmotor der deutschen Exportwirtschaft doch am Laufen. Eine ziemlich vertrackte Situation. Und eigentlich kein Grund zum Feiern.

Gewiss wirkt es eindrucksvoll, dass nicht nur Volkswagen oder Fiat mit ihren neuen Ups und Pandas wunderbar verbrauchsarme Kleinwagen vorstellen und von Audi, BMW und Mercedes bis hin zum preiswerten Japaner und Koreaner spritsparende Hybridflitzer angekündigt sind. Der Abschied des von versiegenden und giftigen Flüssigfossilien genährten Brennstoffmotors, das wird Frankfurt zeigen, steht also unabweisbar bevor.

Doch wegen zahlreicher noch ungelöster technologischer Probleme und der bislang für viele viel zu hohen Kosten gibt es den Trend, aber längst noch keine vollzogene Wende. Hinzu kommt: Deutschlands Schlüsselindustrie und alle anderen Autobauer auf der Welt arbeiten an einem Gegenstand, bei dem die Vernunft der Verbraucher nur das eine ist. Das andere sind: Lust, Verrücktheit, Leidenschaft. Und für Milliarden Autofans und Autofexe sind nun mal blitzende Karosserien, mit gigantischen PS-Zahlen aufgedonnerte Motoren und das Versprechen des Geschwindigkeitsrausches ohne Reue unendlich viel geiler als – fast alles andere. Ästhetisch und profan-erotisch ist der neue Porsche 911 allemal attraktiver als irgendein Citystromer. Das wird die Frankfurter IAA einmal mehr beweisen.

Entzauberung steht neben altem, oft schon faulem Zauber. So wird es auch die unsinnigen Monstergeländewagen im Flachland der Großstädte weiter geben. Aber die Wende kommt. Und wir werden den lautlosen Porsche 911 E erleben und uns dann überlegen müssen, wie die für andere Verkehrsteilnehmer gefahrvolle Geisterstille wieder warnend gebrochen wird.

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