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Meinung: „Ich bin nur ein kleiner Gutsherr“

Ein Pragmatiker, durch und durch. Im Auftreten oft laut und kämpferisch.

Ein Pragmatiker, durch und durch. Im Auftreten oft laut und kämpferisch. Ein Selbstbewusstsein, das ihn überheblich und arrogant wirken lassen kann. Und ein Spitzname, der viel über den Führungsstil des schwedischen Ministerpräsidenten Göran Persson aussagt. HSB, das steht für „Der, der bestimmt“ (Han som bestämer). Diese Abkürzung begleitet den 57-Jährigen, seit er 1984 Stadtrat wurde. Seit Sonntagabend scheint klar: Nach zehn Jahren an der Staatsspitze wird Persson die Geschicke seines Landes wohl nicht mehr bestimmen. Der Sozialdemokrat unterlag offenbar seinem Herausforderer, dem Führer des bürgerlichen Oppositionsbündnisses Fredrik Reinfeldt (41).

Im Laufe der Jahre ist Persson zwar deutlich moderater geworden. Doch ohne die dominante Art des zweifachen Vaters wären die Reformen der 90er Jahre kaum denkbar gewesen. Von 1994 an als Finanzminister und seit 1996 als Ministerpräsident verpasste er seinem Land einen eisenharten Sparkurs, der die schwächelnde Wirtschaft wieder auf Kurs brachte und den Haushalt sanierte. So setzte er einen unbezahlten Karenztag bei Krankheit sowie Kürzungen beim Arbeitslosen- und Kindergeld durch. Gleichzeitig ließ er in Arbeitsmarktprogramme investieren, was die Arbeitslosigkeit drastisch reduzierte. Auch auf internationalem Parkett wurde Persson durchaus wahrgenommen – in einer sozialdemokratischen Reihe mit dem britischen Premier Tony Blair und dem deutschen Altkanzler Gerhard Schröder.

Eine seiner größten Niederlagen hatte der bullige Sohn aus einer Arbeiterfamilie 2003 erfahren, als seine Landsleute die von ihm massiv betriebene Einführung des Euro bei einer Volksabstimmung ablehnten. Zeitgleich erlebte das Land nach der Ermordung von Staatsminister Olof Palme 1986 mit dem Attentat auf Außenministerin Anna Lindh sein zweites Trauma. Persson gelang es, die geschockte Nation als Landesvater aus der Krise zu führen. Kritiker warfen ihm allerdings vor, nach Lindhs Tod habe der Partei jegliche inhaltliche und personelle Erneuerung gefehlt. Seine Arbeit habe er nur noch lustlos betrieben und sich vorrangig für sein „privates Projekt“ – einen prachtvollen Alters- und Landsitz – interessiert. Als Persson vor der Wahl gefragt wurde, ob er sich nicht sorge, das Schicksal seines Freundes Schröder teilen zu müssen, wiegelte er lächelnd ab. Schröder sei schließlich groß ins Gasgeschäft eingestiegen. „Ich“, sagte Persson, „bin nur ein kleiner Gutsherr.“

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