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Im WORT laut: „Damit wächst die Gewaltbereitschaft“

Auf dem evangelischen Kirchentag vor drei Wochen in Köln hatte Reinhard Höppner dazu aufgerufen, nicht immer auf die Macht des Stärkenern zu setzen. Denn: „Erniedrigung provoziert Terrorismus.

Auf dem evangelischen Kirchentag vor drei Wochen in Köln hatte Reinhard Höppner dazu aufgerufen, nicht immer auf die Macht des Stärkenern zu setzen. Denn: „Erniedrigung provoziert Terrorismus. Demütigung führt zu Gewalt.“ In einem Interview mit der „Welt“ nimmt er dazu Stellung:

Ich meinte damit, dass eine Hauptursache für Gewalt empfundene Demütigungen sind. Ich sage bewusst „empfundene“, weil Demütigungen oft nicht beabsichtigt sind und manchmal auch zu Unrecht als solche empfunden werden. Viele fundamentalistisch Denkende – was nicht automatisch Terroristen sind – haben den Eindruck, dass unsere Erste Welt, unser Lebensstil sie an den Rand drängt. Das empfinden sie als Demütigung. Der Karikaturenstreit war ein klassisches Beispiel dafür.

Die dänischen Mohammed-Karikaturen bewerten Sie als Demütigung?

Höppner: Für Muslime ja. Sie sind aber auch ein gutes Beispiel dafür, dass Demütigungen vom Absender keineswegs so gedacht sind. Wenn ich die Vermeidung von Demütigungen fordere, dann ist dies der Aufruf zu mehr Sensibilität.

Ist es eine Demütigung, wenn die englische Königin den von Islamisten bedrohten Schriftsteller Salman Rushdie zum Ritter schlägt?

Höppner: Das glaube ich nicht. Ich gebe Ihnen zwei andere Beispiele. Das erste sind die Folterungen in Abu Ghraib. Dass zusätzlich zu dieser Menschenrechtsverletzung nackte Menschen im Fernsehen gezeigt werden, ist für Muslime ein Höchstmaß an Demütigung, wenn man weiß, wie die mit Nacktheit umgehen. Damit wächst die Gewaltbereitschaft, da braucht man kein Al-Qaida-Netzwerk.

Sie sehen Abu Ghraib als eine Rechtfertigung für Terrorismus?

Höppner: Da verstehen Sie mich falsch. Wenn man etwas erklärt, kommt man leicht in den Verdacht, es auch rechtfertigen zu wollen. Das will ich ausdrücklich nicht. Wenn man aber nicht versucht, Zusammenhänge zu erklären, kommt man auch nicht auf Ideen, wie Gewalt vermieden werden kann.

Ihr zweites Beispiel?

Höppner: Ich glaube, es war falsch, mit der Hamas nach deren demokratischem Wahlsieg in den Palästinensergebieten nicht zu reden. Ich verstehe, dass man dies nicht bedingungslos tut, aber man muss sich bemühen.

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