zum Hauptinhalt

Meinung: Immer wach bleiben

Ein konvertierter Moslem aus London, der über Amsterdam nach Paris reist, um nach Antigua über Miami zu fliegen. Einer, der noch dazu in Afghanistan war - die Geschichte des Richard Reid, alias Abdel Rahim, passt ins Raster.

Ein konvertierter Moslem aus London, der über Amsterdam nach Paris reist, um nach Antigua über Miami zu fliegen. Einer, der noch dazu in Afghanistan war - die Geschichte des Richard Reid, alias Abdel Rahim, passt ins Raster. Ins bekannte.

Aus dem Gefängnis kommt Reid, der Konvertit, in den Südlondoner Stadteil Brixton. Nach Brixton, wo sich früher Prinz Charles nächtens um den sozialen Zusammenhalt der britischen Gesellschaft sorgte, dermaßen explosiv waren die Zustände. Mit der Zeit verändert sich Reids Wesen, er verliert das Freundliche, wird radikalisiert. Als Abdel Rahim lernt er damals mutmaßlich den heute als "20. Mann" der September-Anschläge bekannten Franzosen Zacarias Moussaoui kennen. Zum Schluss findet sich die komplizierte Sprengstoff-Mischung in seinem Schuh. Also: Lässt das nicht alles auf Komplizen schließen? Auf Al Qaida?

Zum ersten Ja, zum zweiten Nein. Ja, dass er Komplizen gehabt haben wird, nein, dass es sich zwingend um das bekannte Terrornetzwerk gehandelt haben muss. Es könnten Reid auch militante Moslems in London geholfen haben, und genau darin zeigt sich das Problem: Nicht alles und jedes muss bis ins Detail geplant und vorbereitet geschehen. Die Geschichte des Abdel Rahim sagt etwas über unser Raster. Sie sagt, dass die Gefahr von Anschlägen fehlgeleiteter Anhänger zum Beispiel des Islam dennoch größer sein kann.

Der Begriff des Schläfers muss noch einmal anders definiert werden: Es kann das Mitglied einer Organisation sein, das irgendwann gezielt zum Handeln gerufen wird. Oder aber jemand, der oder die sich durch das Handeln anderer selbst aufgerufen fühlt und für die Tat Komplizen sucht. Der andere Schläfer: Aufgewacht durch einen Anschlag und fanatisiert, wie er schon ist, will er nun auch ein "Held" werden, seinen Anteil leisten. Er fürchtet den Tod ja nicht. Und besorgt sich möglicherweise Sprengstoff.

Wer will das erkennen, vorhersagen? Wie sieht die Gegenwehr aus? Die Antwort: Den sicheren Schutz gibt es nicht, selbst wenn alle konvertierten Moslems überprüft würden und auch jeder, der verzweigte Reiserouten wählt. Oder wenn die Grenzkonzrollen in Binnen-Europa verschärft wieder eingeführt würden. Nur ist das nicht realistisch. Realistisch ist eine Verschärfung der Sicherheitsvorkehrungen an Flughäfen. Und der Verlauf der Geschichte des Richard Reid: Die Mitarbeiter von American Airlines teilten den französischen Sicherheitsbehörden mit, dass ihnen der Pass verdächtig vorkomme. Den Franzosen aber nicht, denn der Pass erschien bei der Überprüfung echt. Abdel Rahim saß im Flugzeug. Wollte den Sprengstoff entzünden. Aufmerksame Passagiere überwältigten ihn. Die Passagiere - sind wir.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false