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Bundesinnenminister Thomas de Maizière.

© dpa

Innenminister: Leise Härte für die deutsche Sicherheit

In konservativen Milieus wird Thomas de Maizière als "Wohlfühlminister" abgetan - zu unrecht. Denn er steht zum umstrittenen BKA-Gesetz, wirbt für die Vorratsdatenspeicherung und hat es gewagt, der Islamkonferenz die "Suspendierung" eines Teilnehmers zuzumuten.

Von Frank Jansen

Es ist immer noch schwer zu begreifen, was sich vor neun Jahren in den USA abgespielt hat. Der Einsturz des World Trade Centers, die riesige, brennende Lücke im Pentagon, die nach dem Kampf zwischen Selbstmordpiloten und Passagieren abgestürzte Maschine in Pennsylvania – die Anschläge vom 11. September 2001 erschrecken auch heute noch, auch weit weg von Amerika. Der Terrorangriff hat Deutschland heftig erschüttert, das hallt nach, noch lange. Wie sonst nur zu Zeiten der RAF-Attentate sehen sich die Innenminister der Bundesrepublik mit Ängsten in der Bevölkerung konfrontiert. Und mit der enormen Erwartung, für unbedingte Sicherheit zu sorgen, für größtmöglichen Schutz vor Anschlägen in Deutschland. Otto Schily und Wolfgang Schäuble haben sich dieser Aufgabe mit Leidenschaft, mit Härte und einer Lautstärke gewidmet, die bisweilen eher noch Ängste verstärkte, statt sie zu dämpfen. Und was macht Thomas de Maizière, der seit Oktober 2009 das Amt des Bundesinnenministers bekleidet?

Der Christdemokrat bevorzugt die leisen Töne. Es ist äußerst unwahrscheinlich, dass sich de Maizière zu einer Äußerung hinreißen ließe, wie sie Otto Schily im Juni 2004 von sich gab: Wenn ihr den Tod so liebt, dann könnt ihr ihn haben, schleuderte Schily den militanten Islamisten entgegen. Das klang nach High Noon und nicht nach Rechtsstaat. Mag sein, dass Schily damit die Rachegelüste vieler Stammtische bedienen konnte, doch das Sicherheitsgefühl eines Landes leitet sich nicht von starken Sprüchen ab.

Schily und Schäuble haben allerdings mit den von ihnen initiierten Sicherheitspaketen viel erreicht und den Schutz der Bundesrepublik vor Terrorattacken deutlich verbessert. Von sieben Angriffen militanter Islamisten in Deutschland nach 9/11 konnten Polizei, Staatsanwaltschaften und Verfassungsschutz sechs vereiteln. Beim siebten, dem knapp gescheiterten Anschlag der Kofferbombern, half nur Glück. Dennoch ist die Botschaft des Handelns der Innenminister und ihrer Behörden eindeutig: Sicherheit in Deutschland funktioniert. Auch unter einem Minister de Maizière, der sanft erscheint, aber Härte nicht scheut.

In konservativen Milieus wird de Maizière als „Wohlfühlminister“ abgetan. Der Eindruck ist offenkundig falsch. Nur weil dieser Christdemokrat nicht die große Pauke schlägt, muss er kein Weichzeichner sein oder gar ein Sicherheitsrisiko. De Maizière steht zum umstrittenen BKA-Gesetz, er wirbt für eine rasche Wiederaufnahme der Vorratsdatenspeicherung, die nicht nur Datenschützer strikt ablehnen. Und er hat es gewagt, der von Schäuble mit viel Gefühl inszenierten Islamkonferenz die „Suspendierung“ eines Teilnehmers zuzumuten. Der Islamrat, der von Milli Görüs dominiert wird, der größten islamistischen Vereinigung hierzulande, muss so lange draußen bleiben, wie gegen Funktionäre von Milli Görüs wegen des Verdachts schwerer Straftaten ermittelt wird – zu Recht.

Wenn man de Maizière etwas vorhalten muss, dann eher die Frage, ob er genug unternimmt, um die Islamkonferenz voranzubringen. Und ob seine Positionen hinreichend wahrnehmbar sind in Zeiten antiislamischer Angstmache eines Thilo Sarrazin. Das Integrationsprogramm, das de Maizière jetzt präsentiert hat, wird nicht allzu viele Leser finden. Der Minister muss ja nicht dröhnen, er sollte aber stärker präsent sein. Schon weil es dringlich erscheint, der fatalen Wechselwirkung von Rechtspopulismus und Radikalisierung junger Muslime, bis hin zu einem neuen 9/11, vorzubeugen.

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