zum Hauptinhalt
Windräder oder Solaranlagen

© dpa

Irreführende Kampagne gegen Energiewende: Strom ist so billig wie lange nicht mehr

Von "ausufernden Kosten" sprechen die Stromkonzerne angesichts der steigenden Kosten für die EEG-Umlage. Doch die Kampagne gegen die vermeintlich unbezahlbare Energiewende ist grob irreführend. Der Skandal ist ein ganz anderer.

Das haben wir jetzt davon. Nur weil unsere Kanzlerin wegen eines Unfalls im fernen Japan vor zwei Jahren Angst bekam, Deutschlands Atomkraftgegner könnten sie abwählen, hat sie uns den endgültigen Atomausstieg beschert. Und jetzt, wo immer mehr Windräder und Solardächer Strom ins Netz speisen, müssen die Verbraucher immer mehr bezahlen. So jedenfalls lassen es die alten Stromkonzerne und ihre Lobbyverbände verbreiten.

Die nun angekündigte Steigerung der Umlage für die Förderung der Stromgewinnung aus sauberen Quellen um 18 Prozent auf mehr als sechs Cent pro Kilowattstunde scheint dieses Urteil noch zu bestätigen. Gegen die „ausufernden Kosten“ der Energiewende, so forderte daher der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI), bedürfe es nun einer „radikalen Reform“ der Ökostromförderung. Diese koste „die Bürger im nächsten Jahr 24 Milliarden Euro“, zürnte auch Michael Fuchs, Sprecher des Wirtschaftsflügels der Union, in deren Bundestagsfraktion. Nötig sei darum ein „Förderstopp“.

Doch die Kampagne gegen die vermeintlich unbezahlbare Energiewende ist grob irreführend. Tatsächlich ist Strom derzeit so billig wie lange nicht. An der Börse zahlten große Industriebetriebe und die Stromversorger im ersten Halbjahr 2013 nur noch 3,7 Cent für die Kilowattstunde, 40 Prozent weniger als 2008. Die wichtigste Ursache dafür ist, dass die Menge an Strom aus Wind- und Solarkraft stetig anwächst und schon ein Viertel des Verbrauchs deckt. Weil der saubere Strom aus gutem Grund und politisch gewollt Vorrang bei der Einspeisung ins Netz hat, drückt das die Nachfrage nach Elektrizität aus anderen Quellen und damit deren Wert. Ökostrom dagegen wird nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) mit festen Sätzen vergütet. Folglich wächst die Differenz zum Börsenpreis und damit die Umlage für die Förderung.

Der eigentliche Skandal sind die Versorger

Nur müsste das gar kein Problem sein. Schließlich können die Versorger umso billiger einkaufen. Der eigentliche Skandal ist, dass diese sich weigern, ihre drastisch gefallenen Kosten an ihre Haushaltskunden weiterzugeben, die den Normaltarif zahlen. Vor allem deshalb kostet die Kilowattstunde einfache Verbraucher im Schnitt 28 Cent, fast ein Drittel mehr als 2008. Die amtierende Bundesregierung hat dies sogar noch verschärft, weil sie tausende Unternehmen von der Zahlung der Umlagen für sauberen Strom und den Netzausbau befreit hat – ein Privileg, für das die übrigen Verbraucher umso mehr zahlen müssen.

Vor diesem Hintergrund ist es bizarr, dass ausgerechnet die Manager der Großindustrie für das Ende der Energiewende trommeln, während der von ihrem eigenen Verband ermittelte Strompreisindex auf dem niedrigsten Wert seit 2005 steht. Offenkundig geht es ihnen nicht um die Volkswirtschaft, sondern die schrumpfenden Gewinne der Kraftwerksbetreiber. Um deren Geschäftsmodell zu verteidigen, ist wohl jede Propaganda recht.

All das heißt jedoch nicht, dass das EEG bleiben kann, wie es ist. Strom aus erneuerbaren Quellen ist kein Nischengeschäft mehr. Darum müssen neue Wind- und Solaranlagen künftig besser am  Bedarf ausgerichtet werden. Es gilt, weniger die Mengenproduktion zu fördern, als vermehrt solche Anlagen, die auch bei schwachem Wind oder niedrig stehender Sonne liefern. Auch Ökostrom-Unternehmer müssen also ein Marktrisiko tragen. Je länger sie sich dagegen sträuben, umso stärker werden jene, die den Ausbau einer zukunftsfesten Stromversorgung verhindern wollen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false