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Meinung: Jagd auf Karadzic: Trio vor Tribunal

Was gestern missglückte, wird morgen gelingen. Denn die Tage von Radovan Karadzic und Ratko Mladic sind gezählt.

Was gestern missglückte, wird morgen gelingen. Denn die Tage von Radovan Karadzic und Ratko Mladic sind gezählt. Das klingt wie eine recht gewagte Prognose. Zu lange schon entziehen sich die beiden bosnischen Serbenführer, denen diverse Kriegsverbrechen zur Last gelegt werden, dem Zugriff der Nato-Friedenstruppe. Ihr Chef allerdings, der jugoslawische Ex-Präsident Milosevic, muss sich seit einigen Wochen vor dem Internationalen Tribunal in Den Haag verantworten. Steht Karadzic und Mladic bald dasselbe Schicksal bevor? Gut möglich.

So wie Hitler, Goebbels und Göring als die Chef-Nazis im Gedächtnis der Menschheit gespeichert sind, verkörpern Milosevic, Karadzic und Mladic das Unheil der Balkan-Kriege. Dieses Trio vor dem UN-Kriegsverbrechertribunal zu sehen, wäre ein Triumph der Gerechtigkeit. Aber es könnte auch das Ende der internationalen Gerichtsbarkeit einleiten. Schließlich ist es kein Zufall, dass die Suche nach Karadzic und Mladic gerade jetzt intensiviert wird. Ihre Festnahme soll zugleich den Höhepunkt und Abschluss des Tribunals markieren. Das wollen die USA.

Außerhalb Jugoslawiens kennt kaum jemand die Zeitung "Glas Javnosti". Auch der Name Kosta Cavoski dürfte nur Experten geläufig sein. Am 21. Januar schrieb jener Cavoski, ein enger Vertrauter von Präsident Vojislav Kostunica, einen Artikel für "Glas Javnosti". Darin berichtete er von einem spektakulären Deal zwischen Washington und Belgrad. Demnach sollen Karadzic und Mladic ausgeliefert werden. Im Gegenzug versprechen die USA, dass der Prozess gegen die Troika des Bösen der letzte seiner Art vor dem Haager Tribunal sein wird.

Aus ihrer Abneigung gegen das Jugoslawien- und Ruanda-Tribunal wie auch gegen den geplanten ständigen Internationalen Strafgerichtshof macht die US-Administration kein Geheimnis. Die Vorstellung, ein von den Chinesen bestellter Richter könne einst über einen amerikanischen Staatsbürger befinden, lässt sie erschauern. Außerdem wird moniert, dass allein das Haager Tribunal jährlich 100 Millionen Dollar kostet, von den 16 Richtern nur drei über Prozess-Erfahrung verfügen und die Verfahren viel zu lange dauern. Nach Aufassung der Bush-Regierung müssen die Hauptverantwortlichen für die Balkan-Kriege zügig zur Rechenschaft gezogen werden - und dann Schluss.

Der jugoslawischen Regierung kommt das gelegen. An einer Verewigung der Arbeit des Tribunals hat auch sie kein Interesse. Deshalb hat ihre Bereitschaft abgenommen, Karadzic und Mladic zu schützen. Die mutmaßlichen Kriegsverbrecher können sich nur noch mit einer Mini-Armee von Leibwächtern umgeben oder versteckt halten. Das kann nicht mehr lange erfolgreich sein.

Mehr als 50 von 139 Unterzeichner-Staaten haben den Vertrag zur Einrichtung des ständigen Internationalen Strafgerichtshofes bereits ratifiziert. Sobald es 60 sind, tritt der Vertrag in Kraft. Das kann noch in diesem Jahr geschehen. Dann steht die Bush-Regierung - nach Kyoto und der Aufkündigung der ABM-Verträge - erneut am Pranger. Zum Erfolg der Tribunale haben die USA mit beigetragen. Jetzt müssen sie erklären, warum es trotzdem falsch sein soll, eine internationale Gerichtsbarkeit zu schaffen. Der Geist wird dafür sehr gelenkig sein müssen, denn die Vernunft versteht es nicht.

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