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Kopfhörer runter. Jürgen Domian beendet seinen Nighttalk 2016.

© dpa

Jürgen Domian beendet Night Talk: Das Radio wird ärmer

Deutschlandradio Kultur schmeißt "2254" aus dem Programm, Jürgen Domian hört mit seiner Nachtsendung bei 1Live auf. Jetzt will er mit Atze Schröder im TV talken

Die Macher werden es anders sehen und die Hörer wieder anders. Doch mit dem angekündigten Abschied des Nachttalkers Jürgen Domian wird das Radio ärmer. Nicht, dass die Kombination aus Moderator und Hörer selten wäre. Im Regelfall geht das über „Hallo“ und „Tschüss“ nicht hinaus. Bei „Domian“ wird die Beziehung bis Ende 2016 von ganz anderem Interesse, anderer Tiefe, ja Intimität sein. Wie sie es auch bei „2254“ war, einer Hörer-Mitmach- Sendung bei Deutschlandradio Kultur von 1991 bis Juni 2014, die beendet wurde, weil die Senderspitze die „Durchhörbarkeit“ des Programms verstärken wollte. Bei „Domian“ ist das Ende friedlich. Er hört auf, weil „20 Jahre Nachtschicht nicht spurlos an mir vorbeigegangen sind“. Er habe Lust, mal wieder häufiger die Morgensonne zu sehen.

Jürgen Domian startete am 3. April 1995; in jeder Werktagsnacht hört er sich im WDR-Hörfunkprogramm 1Live – das WDR- Fernsehen überträgt parallel – die Sorgen, Freuden, die Krankheiten, die Sexpraktiken oder Verfehlungen von Menschen an. Viel Fröhliches ist nicht darunter. Wer nachts zum Telefon greift, der hofft auf ein geneigtes Ohr, auf Rat, der will beichten, büßen, Absolution. Domian ist Vertrauensperson, ja Autorität. Seine Kopfhörer sind mindestens so groß wie sein Gesicht ernst. Mit seiner Nachtstimme darf er den Anrufern ins Gewissen reden, mit ihnen schimpfen, trösten soll er auch. Der 57-Jährige ist Journalist, aber in jeder Sendung zwischen ein und zwei Uhr nachts ist ein Psychologe dabei, der den Anrufer bei Bedarf professionell berät.

Von Chris Howland übernahm er die Sendung "Blue Monday"

Begonnen hatte der gelernte Germanist seine Karriere als Kabelträger beim Fernsehen. Dann übernahm er von Chris Howland die Sendung „Blue Monday“. Die erste Telefon-Talk-Sendung mit Domian startete der WDR 1993 im Jugendprogramm, „Riff – der Wellenbrecher“. Mit dem Relaunch von WDR 1 in 1Live wurde die Sendung in „Domian“ unbenannt. Domian führte in 20 Jahren mehr als 20 000 Anrufe, 2003 gab es die Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. Bei Twitter hat der Moderator mehr als 30 000 Follower. Einer schrieb: „Domian hat mir 20 Jahre lang in den Schlaf geholfen – meine längste Beziehung –, danke, Domian.“

Nach dem Ende der Sendung will sich Domian neuen Projekten im Radio- und Fernsehbereich widmen. Offenbar will er mit dem Comedian Atze Schröder einen TV-Talk machen. Das wäre ein Kulturbruch. Mal sehen, was ob seine Fans das zulassen. Joachim Huber

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