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Meinung: Jugoslawien: Finale ohne Drama

Die Staatskrise, in die Rest-Jugoslawien mit der Auslieferung des früheren serbischen Präsidenten Milosevic ans Haager UN-Tribunal geriet, kann die erste Krise der letzten 13 Balkan-Jahre sein, die ganz unspektakulär und demokratisch gelöst wird. Denn selbst wenn sich Serbien und Montenegro einigen, ihr Bündnis aufzukündigen, wäre das keine Katastrophe - das Einverständnis der Wähler vorausgesetzt.

Die Staatskrise, in die Rest-Jugoslawien mit der Auslieferung des früheren serbischen Präsidenten Milosevic ans Haager UN-Tribunal geriet, kann die erste Krise der letzten 13 Balkan-Jahre sein, die ganz unspektakulär und demokratisch gelöst wird. Denn selbst wenn sich Serbien und Montenegro einigen, ihr Bündnis aufzukündigen, wäre das keine Katastrophe - das Einverständnis der Wähler vorausgesetzt. Bis auf die Bundesarmee und den gemeinsamen UN-Sitz haben die Länder institutionell schon heute nichts mehr miteinander zu tun.

Die Föderation zwischen Serbien und Montenegro bestand seit ihrer Gründung 1992 nur, um Milosevics Macht zu sichern. Nach den Unabhängigkeitserklärungen der Ex-Teilrepubliken hätte er ohne Montenegro nicht rechtfertigen können, den Tito-Staat Jugoslawien in internationalen Organisationen wie den UN beerben zu können. Ableger von Milosevics Sozialisten in Podgorica (SNP) sorgten dort für unbedingten Gehorsam. Sie ignorierten Jahre später schießlich auch den demokratischen Wandel in Montenegro: die Wahl Djukanovics zum Präsidenten. Der konzentrierte sich auf den Boykott jeder gesamtjugoslawischer Politik.

Zum Thema Rückblick: Milosevics Verhaftung Link: Die Anklageschrift des UN-Tribunals (englisch)

Das ist nun vorbei. Die Sozialisten, die Milosevics Macht so lange sicherten, kriechen nun zu Kreuze und bieten ihre Zusammenarbeit an. Zu gewinnen haben sie nichts mehr, nur viel zu verlieren. Neuwahlen würden sie politisch kaum überleben, nach ihrer planbaren Niederlage kämen sie als erneute Koalitionspartner nicht mehr in Frage.

Djukanovic muss nun entscheiden, ob er über eine Verfassungsänderung abstimmen lassen will, um das föderale Verhältnis der beiden Staaten neu zu bestimmen. Dann müsste neu gewählt werden. Plausibler wäre es, wenn er jetzt die Chance ergreift, die Trennung vom Mutterland zu erreichen. Seit eineinhalb Jahren schon plädiert Djukanovic für ein entsprechendes Referendum.

Und Belgrad? Serbiens Regierungschef Zoran Djindjic kann es offenbar kaum erwarten, den Ballast des Konstruktes "Rest-Jugoslawien" abzuwerfen. Der prinzipientreu-zögernde Staatschef Kostunica wird ihn kaum bremsen können. Djindjic hat alles - Macht, Mittel und Mut. Nur eins nicht: Zeit. Genau so geht es Djukanovic. Ohne den jeweils anderen hätten sie viel Zeit gewonnen.

Claudia Lepping

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