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Justyna Polanska, polnische Putzfrau und Autorin: "Mein Job hat mich stark gemacht"

Sie putzt. Seit elf Jahren, 40 Stunden in der Woche. Das ist langweilig? Von wegen. Ein Porträt über Justyna Polanska, polnische Putzfrau und Autorin.

Das Buch, das Justyna Polanska über diese Jahre geschrieben hat, „Unter deutschen Betten – eine Putzfrau packt aus“, liegt gegenwärtig auf Platz 16 der Amazon-Verkaufscharts. Und es läge vermutlich höher, wenn es dort nicht gerade ausverkauft wäre.

Justyna Polanska heißt Justyna, aber der Nachname ist erfunden. Denn die 31-jährige Polin, die mit einem Italiener verheiratet ist und in Hessen lebt, arbeitet schwarz wie die meisten Frauen aus Osteuropa, die Deutschland sauber halten. Polanska – mit dieser Namenswahl wird ein Klischee bestärkt, das hat dem Buch bereits einige Kritik eingetragen. Aber an der Authentizität der Geschichten kann es eigentlich kaum Zweifel geben, dazu sind sie doch zu deutlich selbst erlebt, gespeist allemal aus der Intimsphäre der deutschen Besserverdiener, die ihr schon mal ein hohes Lob spenden: Sie sei „eigentlich keine Polin“, weil sie noch nie was geklaut habe.

Unter ihren Kunden gibt es den Hauptkommissar, der auf dem Balkon sichergestellte Hanfpflanzen pflegt, es gibt verschiedene Männer, die sie mit obszönen Sprüchen überhäufen oder mit offener Hose vor ihr stehen; es gibt elegant gekleidete begüterte Paare, unter deren Betten sie gebrauchte Kondome, blutige Tampons oder tote Hamster findet. Sie hat sich daran gewöhnt, Fallen aus herumliegenden Geldscheinen zu ignorieren und auf eventuell zu Kontrollzwecken über Schubladen geklebte Haare zu achten, und sie erledigt ihre Arbeit generell mit größtmöglichem Stoizismus: „Mein Job hat mich stark gemacht“, sagt sie, „ ich bin selbstbewusster, sage meine Meinung.“

Möchte sie von Kunden erkannt werden? Das würde ihr gefallen, sagt sie, doch es wäre aus ihrer Sicht ein Nebeneffekt. Denn es gehe ihr vor allem um Aufklärung, sie möchte auf die schwierige Situation ihrer Kolleginnen hinweisen und deren Lage verbessern helfen.

Ein deutscher Freund mit Kontakt zum Knaur-Verlag hat den Ball ins Rollen gebracht, und der ist inzwischen nach Polen gerollt, wo der Wirbel um das Buch längst die Öffentlichkeit polarisiert: Die einen beschimpfen die Autorin, die anderen die „dreckigen Deutschen“. Justyna Polanska fühlt sich in Deutschland längst heimischer, sie will weiter putzen gehen für 1500 bis 2000 Euro monatlich. Falls sie das als Bestseller-Autorin noch nötig haben sollte. Bernd Matthies

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