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Meinung: Kanzler im Kopf

Von Stephan-Andreas Casdorff

Es ist, wie es ist – und war. Im Klartext: Gerhard Schröder befindet sich in einer Situation wie seinerzeit, 1998 war es, Helmut Kohl. Damals hatten die Leute die Nase voll von Kohl, und der Slogan der Jungen Union, „Keep Kohl“, war nur noch witzig. In jederlei Hinsicht. Wenn die SPD heute so was Ähnliches plakatieren wollte, würde es bloß noch komisch wirken. Denn es mag schon sein, dass Schröder im Fernsehen gut wirkt, dass er im Stoff steht (was man bei einem Kanzler allerdings auch voraussetzen sollte) und durchaus sympathisch rüberkommt – die Wechselstimmung ist stabil, daran gibt es nichts zu deuteln. Auch jetzt wieder haben die Leute die Nase voll, vielleicht nicht vom Menschen Schröder, aber doch von seiner Kanzlerschaft. Sieben Jahre hatte er Zeit, nun ist sie abgelaufen – das sagen die Umfragen, die Fachleute, selbst die Sozialdemokraten, wenn auch vorerst hinter vorgehaltener Hand. Deutlicher ist eigentlich als Einziger bisher Klaus Wowereit geworden.

Von den Politikern. Von den Meinungsforschern ist keiner klarer als Manfred Güllner, selber Sozialdemokrat seit 30 Jahren. Von ihm stammt auch die Parallele zu Kohl. Der zog Massen an, alle wollten Kohl bei Kundgebungen anschauen. „Der Kanzler kommt“, lautete die Werbung, aber er kam halt nicht mehr an. Schröder kommt an, aber auch er ist nicht Captain Future. Dass ihn die Menschen mögen, wie die TVQuoten belegen, wird Schröder beflügeln. Das muss es auch. Der Kanzler könne den Wahlkampf überhaupt nur führen, wenn er sich wie Kohl in Trance versetze, sagt Güllner; und der ist seit Jahren Schröder-Berater. Wahlkampf in Trance – so weit ist es schon. Bei Kohl war es die Autosuggestion, nach dem Motto: Nur wer von sich selbst begeistert ist, kann andere begeistern.

So ist es, wie es war. Ein Unterschied bleibt: 1998 erreichte die Union mit Kohl 35,2 Prozent der Zweitstimmen. Für Kohl war das schlimm. Für Schröder wäre es sensationell.

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