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Meinung: Keine Sicherheit am Hindukusch

Von Axel Vornbäumen

Vielleicht sind es Bilder einer Zeitenwende, die uns am Montag aus der afghanischen Hauptstadt Kabul erreicht haben. Uns? Ja, uns, die westliche Welt und beileibe nicht nur die USA. Ein tödlich verlaufender Verkehrsunfall war es, so viel steht wohl fest, und, aber schon das ist nicht gesichert, das mutmaßliche Desinteresse der an dem Unfall beteiligten US-Soldaten, die eine Stadt quasi in den Ausnahmezustand versetzt haben. Mag sein, eine überforderte Patrouille hat sich tatsächlich fehlverhalten. Doch das allein erklärt nicht Plünderungen, Steinwürfe, Schüsse, tausende aufgebrachte Afghanen, die vor dem Präsidentenpalast von Hamid Karsai „Tod Karsai, Tod Amerika“ skandieren, hunderte, die versuchten, ins Botschaftsviertel zu gelangen – da ist mehr dahinter, als der Zorn einiger Augenzeugen, die sich ihren Ärger über Verkehrssünder Luft machen.

Täuschen die Bilder nicht, dann haben da wohl starke Teile des Volkes nur auf eine Gelegenheit gewartet, in ihrer Wut gegen die ausländischen Militärs aufzubegehren, die sie als Besatzer empfinden. Nun ist diese Gelegenheit gekommen. Seitdem sind die Gräben wieder tiefer geworden zwischen denen, die dem Land Demokratie bringen wollten, und denen, die diesem Ziel von vornherein misstraut hatten. Sichtbar tiefer. Zugeschüttet waren sie nie. Und wer das Land allein mit der Wahl Karsais und der internationalen Anforderungen halbwegs genügenden Regierungsbildung auf einem stabilen Weg wähnte, der übersah, wie wenig Rückhalt der als „Günstling des Westens“ geltende Karsai im Volk hat. Nun haben sich UN-Mitarbeiter in Bunkern verschanzt, und die deutschen Soldaten, die, einem geflügelten Wort zufolge, am Hindukusch die Sicherheit Deutschlands verteidigen sollen, müssen sich um ihre eigene kümmern. So feinsinnig ist das aufgebrachte Volk nicht, dass es zwischen ausländischen Soldaten zu differenzieren wüsste. Die westliche Wertewelt ist gemeint, nicht die USA allein. Die Bundeswehr ist mittendrin. Kann sein, dass ihr Einsatz nun zu dem wird, was er nie werden sollte – einem Abenteuer.

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