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Kevin-Prince Boateng, Fußballspieler für Ghana: "Jedes Tattoo erzählt eine Geschichte"

Ist Deutschland in Kevin-Prince Boateng ein großes Talent verloren gegangen? Ist etwas schiefgelaufen bei seiner Integration? Wer es gut meint mit dem hoch talentierten Fußballer, der spricht von vielen Missverständnissen, die ihn bisher vom großen Durchbruch abgehalten haben.

Die Spannung musste raus. Kevin-Prince Boateng hatte ein Tor geschossen. Für seine Mannschaft und den Verein, damals der Bundesligist Hertha BSC, war es kein wichtiges. Aber was zählt schon der Klub, wenn man ein Star werden möchte – und zwar ein ganz großer. Also brüllte Boateng die Freude heraus und deutete mit dem Zeigefinger auf seinen nackten, mächtigen Bizeps. Die Zuschauer in Frankfurt fühlten sich von der Geste provoziert und pfiffen Boateng aus. Erst nach dem Spiel klärte er auf: Den Namen seiner damaligen Freundin und heutigen Frau Jenny hat er sich auf den Oberarm tätowieren lassen. Ihr widmete er das Tor.

Wer es gut meint mit dem hoch talentierten Fußballer, der spricht von vielen Missverständnissen, die ihn bisher vom großen Durchbruch abgehalten haben. Andere halten Boateng für einen arroganten Rüpel, der es trotz bester Voraussetzungen nicht schaffen wird. Wo die Wahrheit liegt, wird sich erst noch zeigen – denn Chancen bieten sich dem 23-Jährigen weiterhin: Am heutigen Samstag spielt er mit dem englischen Tabellenletzten FC Portsmouth im Finale des englischen Pokals gegen den FC Chelsea. Ein paar Wochen später könnte der offensive Mittelfeldspieler, geboren und aufgewachsen im rauen Berliner Wedding, bei der Weltmeisterschaft in Südafrika auflaufen. Boateng ist Sohn eines Ghanaers und einer Deutschen. Dass Bundestrainer Joachim Löw ihn bei seinen Nominierungen ein paar Mal ignoriert hatte, passte so gar nicht in das Weltbild des großen Boateng. Deshalb beantragte er die Spielberechtigung für Ghana. Ein Land, das er nur aus Erzählungen kennt. Wenn Deutschland am 23. Juni in Südafrika auf Ghana trifft, könnte es also zum ersten Bruderduell der WM-Geschichte kommen: Jerome Boateng will auf deutscher Seite verteidigen, Bruder Kevin-Prince für Ghana stürmen.

Ist Deutschland in Kevin-Prince Boateng ein großes Talent verloren gegangen? Ist etwas schiefgelaufen bei seiner Integration? Der Bruder Jerome, der inzwischen in Hamburg spielt, ist jedenfalls so etwas wie sein Gegenentwurf. Von ihm sind keine Skandale bekannt, keine markigen Sprüche oder Trinkgelage während der Saison. Der Bundestrainer schätzt so etwas. Insgesamt zwölf Spieler im aktuellen deutschen Kader hätten sich dank ihres sogenannten Migrationshintergrunds auch für andere Nationaltrikots entscheiden können. Haben sie aber nicht. Kevin-Prince Boateng ist eine Ausnahme.

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