zum Hauptinhalt
Viel zu erklären: Lisa Paus (Grüne), Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

© dpa/Kay Nietfeld

Kindergrundsicherung kommt womöglich später: Es muss dringend ein Realitätscheck her

Die Bundesagentur für Arbeit rechnet mit massiven Verzögerungen bei der Kindergrundsicherung. Es ist ein Weckruf in einer Debatte, die dringend mehr Ehrlichkeit braucht.

Ein Kommentar von Karin Christmann

Mehr als unverblümt ist die Stellungnahme ausgefallen. Was die Bundesagentur für Arbeit zu Lisa Paus’ Plänen für eine Kindergrundsicherung zu sagen hat, stellt schonungslos dar, wie groß die handwerklichen Mängel bei dem gesamten Projekt sind. Von „neuen bürokratischen Abläufen“ ist die Rede, die „enorme zusätzliche Aufwände verursachen und daher nur mit erheblichem Aufwand digitalisiert werden können“. Wenn das nicht verheißungsvoll klingt.

Es war viel Zeit da, um öffentlich über Milliardensummen zu streiten. Aber ganz offensichtlich hat das federführende Familienministerium die Zeit nicht genutzt, um die angedachte Großreform sauber vorzubereiten. In den vergangenen Monaten war das bereits zu beobachten. Stück für Stück schrumpfte der angedachte Generalumbau des Sozialstaats zusammen, um das Projekt überhaupt handhabbar zu machen.

Im Getöse ums Budget ging beinahe unter, dass die Kindergrundsicherung längst nicht mehr der bürgerfreundliche Paradigmenwechsel ist, der einst versprochen wurde.

Für viele Familien droht alles nur komplizierter zu werden, als es ohnehin schon ist, weil sie künftig nicht mehr beim Jobcenter alle Leistungen aus einer Hand bekommen. Alle Einwände in diese Richtung, wie sie etwa die Kommunen mit guten Argumenten vorbringen, lassen die Familienministerin unbeeindruckt.

Stück für Stück schrumpfte die Reform zusammen

Den Bedenken der Bundesagentur für Arbeit wird sie sich aber stellen müssen. Denn schließlich soll die Bundesagentur das ganze Projekt in die Tat umsetzen. Sicher kann auch bei IT-Projekten immer noch ein bisschen auf die Tube gedrückt werden, womöglich lässt sich so etwas Zeit wieder reinholen.

Doch bei der Einschätzung der Bundesagentur geht es nicht um ein paar Monate mehr oder weniger. Es geht darum, dass ganz grundsätzlich das Projekt nicht dort steht, wo es stehen müsste, und dass wesentliche administrative Handwerksarbeit noch zu erledigen ist.

Die Kindergrundsicherung ist nach langem Streit in der Phase des politischen Realitätschecks angekommen. Ist das, was derzeit geplant wird, tatsächlich eine Verbesserung für Familien, und sind die Pläne für die Behörden umsetzbar? Diese Fragen hätten eine Debatte mit mehr Ehrlichkeit als bisher verdient.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false