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Meinung: Klaus Landowsky: Vorsichtig der Zukunft zugewandt

Es war ein langer, schmerzhafter Abschied auf Raten. Mit seinem Wort zum Sonntag vor der Berliner CDU-Fraktion hat Klaus Landowsky im Kloster Banz endlich den Weg frei gemacht für einen Wechsel an der Spitze.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Es war ein langer, schmerzhafter Abschied auf Raten. Mit seinem Wort zum Sonntag vor der Berliner CDU-Fraktion hat Klaus Landowsky im Kloster Banz endlich den Weg frei gemacht für einen Wechsel an der Spitze. Auf verschlungenen inneren Pfaden hat er sich in den vergangenen Wochen zu der Einsicht vorgearbeitet, dass es in Zukunft wohl ohne ihn weitergeht. Man kann auch getrost sagen: Die Berliner CDU hat Landowsky mühsam beigebracht, dass Fraktion und Partei Schaden nehmen, sollte er sich weiter an das wichtige Führungsamt klammern. Die Union hatte auch keine andere Wahl. Die Große Koalition in Berlin wäre unweigerlich zu Bruch gegangen, hätte sich der CDU-Politiker weiterhin uneinsichtig gezeigt. Das hätte sogar zu einem Machwechsel in der Stadt führen können, durch den die Union in die Opposition gedrängt worden wäre. Diese Option, sagt Landowsky, habe er den Sozialdemokraten nun aus der Hand geschlagen. Das sei ein guter Tag für ihn. So redete er sich die schwerste Niederlage in seinem Leben schön. Persönlich verständlich, politisch peinlich.

Bei den Christdemokraten in Berlin geht damit eine Ära zu Ende. Dreißig Jahre des fast unaufhaltsamen Aufstiegs von der sklerotischen Nachkriegs-CDU zur sozial-konservativen, flexiblen, einer festgefügten einheitlichen Weltanschauung nur noch wenig verpflichteten bürgerlichen Großstadtpartei. Eine Erfolgsgeschichte, die mit zwei Namen verknüpft ist: Klaus Landowsky und Eberhard Diepgen. Ein Duo, erfolgreich und nahezu unzertrennlich, weil sich beide Unionspolitiker in der Rollenverteilung perfekt ergänzten. Diepgen, der abwägende Regierungschef, der die öffentliche Verwaltung bis in die letzten Verästelungen kennt. Landes- und Kommunalpolitiker mit Leib und Seele, ein Mann mit sehr langem Atem. Landowsky, der Machtmensch, der die politischen Lager vereinen, aber auch gnadenlos polarisieren konnte. Der Vorausblicker, der sich gern die Krümel der Alltagspolitik von der Jacke wischte, aber trotzdem überall seine Finger drin hatte. Die CDU-Fraktion trennt sich von ihm, einerseits wehmütig, andererseits sehr erleichtert. Das gilt vor allem für die jüngeren Christdemokraten. Landowsky war für sie Vater, jetzt wird er ihr Großvater.

Was kommt nach ihm? Wer kommt nach ihm und was bedeutet es für den Regierenden Bürgermeister und CDU-Landesvorsitzenden Diepgen? Die CDU-Fraktion wird sich, mit einem smarten, politisch talentierten Mittelstandsunternehmer an der Spitze, neu sortieren und nach außen neu profilieren müssen. Es wird unruhiger werden in und um die Landes-CDU. Aber mit Irrungen und Wirrungen, die die eigene Anhängerschaft überstrapazieren, ist nicht zu rechnen. Die politische Basis der Partei ist so breit ausgelegt, dass jeder jähe Wechsel schon an deren Widerstand scheitern müsste. Und an Diepgen, der noch da ist und der die Pluralität der Hauptstadt-CDU wie kein anderer personifiziert. Standhaft besetzt er die politische Mitte. Deshalb ist er immer noch Regierender Bürgermeister. Aber er wird ein Stück schutzloser werden, ohne Landowsky im Rücken. Die Union wird angreifbarer und verwundbarer werden und sich mehr als bisher mit sich selbst beschäftigen. Insofern wird sie ein bisschen sozialdemokratischer. Aber noch ist sie die Diepgen-Partei. Der Generationswechsel wird fortgeführt, das politische Programm korrigiert - so behutsam wie möglich. Erst wenn auch Diepgen sich, wahrscheinlich 2003/04, verabschiedet vom Partei- und Regierungsamt, wird sich die Berliner CDU der Zukunft herausbilden können.

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