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Meinung: Klimagipfel in Den Haag: Die Suche nach einem Kompromiss, der keine Halbheit ist

Nun ist sie also wieder gekommen, die Zeit des großen Verhandelns über den Schutz des Klimas. Vertreter von 160 Staaten werden in Den Haag von heute an zwei Monate lang Zahlen vergleichen, Daten verwerfen, sich darüber streiten, ob die Atmosphäre sich in den nächsten 100 Jahren nun um ein, drei oder gar sechs Grad erwärmen wird.

Nun ist sie also wieder gekommen, die Zeit des großen Verhandelns über den Schutz des Klimas. Vertreter von 160 Staaten werden in Den Haag von heute an zwei Monate lang Zahlen vergleichen, Daten verwerfen, sich darüber streiten, ob die Atmosphäre sich in den nächsten 100 Jahren nun um ein, drei oder gar sechs Grad erwärmen wird. Wär doch nett, wenn es in unseren unwirtlichen Gefilden etwas wärmer würde? Doch so einfach ist es nicht. Wenn sich das Klima auf der Welt so dramatisch verändert, wie viele Forscher es vorhersagen, wird es auch für Deutschland ungemütlich.

Viele Zuschauer des Konferenzmarathons werden dennoch die Köpfe schütteln, wie so viele erwachsene Menschen solch ein Thema so wichtig nehmen können. Mancher wird etwas von verrückten Öko-Ideologen murmeln oder es auch etwas lauter aussprechen. Etwa, wenn es darum gehen wird, wie viel Prozent der Maßnahmen zur Senkung des Kohlendioxydausstoßes die Industriestaaten innerhalb der eigenen Grenzen leisten müssen. Die EU wünscht eine Verpflichtung auf die Hälfte in heimischen Gefilden, die Entwicklungsländer fordern 70 Prozent - die Amerikaner wollen am liebsten alles offen lassen.

Genau da erreicht die Konferenz einen heiklen Punkt. Die Unterhändler in den Niederlanden müssen alles daran setzen, die Amerikaner nicht aus der Verantwortung zu entlassen, zu der sich die Industrienationen vor drei Jahren - nach dem dramatischen Anhalten der Uhren - im letzten Moment in Kyoto verpflichtet haben: Der Durchschnittsausstoß schädlicher Klimagase der Jahre 2008 bis 2012 soll im Vergleich zu 1990 um 5,2 Prozent niedriger liegen. In Den Haag geht es um die Gestaltung der Bedingungen, unter denen das geschehen soll. Zu viel Zeit bleibt nicht, bis das Protokoll in Kraft treten muss, damit die Ziele überhaupt noch erreicht werden können.

Die Amerikaner zum Beispiel haben längst elf Prozent Plus auf ihrer Emissionsrechnung. Niemand darf damit rechnen, dass die USA gerade jetzt das Protokoll ratifizieren - aber sie dürfen auch nicht aus der Diskussion darüber aussteigen. Gerade weil die USA im Moment ganz andere Probleme haben, ist das Geschick der Verhandelnden gefragt. Schließlich darf die angespannte Situation der USA nicht dazu führen, dass nun die Schlupflöcher ausgedehnte Dimensionen annehmen. Etwa in der Form, dass das Anpflanzen von Weihnachtsbäumen - die umstrittenen Expertisen zufolge als absorbierende grüne Lunge gegen den Kohlendioxyd-Ausstoß aufgerechnet werden könnten - plötzlich die dringend nötige Änderung der Energiepolitik ersetzt.

Theoretisch ließe sich das Kyoto-Protokoll auch ohne die Amerikaner in Kraft setzen, wenn Japan und Russland das Vertragswerk ratifizierten. Doch auch dort gibt es Vorstellungen, wie der eigene Beitrag geringer ausfallen könnte, also weniger schmerzhaft. Moskau und Kiew etwa möchten mit Emissionen handeln, die es gar nicht mehr gibt. Sie wollen Anrechte auf Verschmutzung verkaufen, die ihnen laut Vertrag zusteht - doch die Schlote rauchen wegen des Zusammenbruchs der Industrie gar nicht mehr.

Die EU hat sich immerhin auf eine gemeinsame Linie für die Konferenz verständigt. Sie will die Warnsignale des Klimawandels - immer heftigere Stürme, immer mehr Überschwemmungen - ernst nehmen. Um gegenzusteuern, muss die Konferenz tragbare Regeln aushandeln, die wirklich zu einer Reduktion der Treibhausgase führen.

Und es heißt für jeden Einzelnen: Verhalten ändern. Dazu zählt die angreifbare Selbstverpflichtung der deutschen Industrie, die die Emissionen stärker stutzen will, als bisher zugesagt. Dazu gehören auf jeden Fall Anstrengungen, gegen die Sorglosigkeit, mit der Verkehr und private Haushalte im Moment noch meinen, CO2

in die Luft pusten zu dürfen. Finanzielle Hilfen zum Umsteuern können die Veränderung unterstützen - und die Weiterführung der Ökosteuer über 2002 hinaus. Um die Einnahmen dann für Umweltprojekte zu verwenden. Die Regierung muss den richtigen Ton finden, um die Wähler nicht wieder in Benzinwut zu treiben. Auch das hat mit Atmosphäre zu tun.

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