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Die Frankfurter Skyline wird von ungestressten Banken dominiert.

© dpa

Kommentar: Stresstest belegt nicht Stärke des Finanzsystems

Auch wenn 13 von 14 deutschen Banken den Stresstest souverän gemeistert haben, auch wenn das Ergebnis jetzt mit Ausnahme von Spanien europaweit gefeiert wird – die Welt macht es kein bisschen sicherer.

Es wäre eine absurde Idee: Wir setzen ein paar Häuser per Simulation unter Druck und brüsten uns damit, wie gut sie das aushalten. Aber wie wir verhindern, dass sie noch einmal wirklich so in Stress geraten wie im Herbst 2008, verraten wir nicht.

Laut einer Umfrage glaubt nur eine Minderheit der Investoren, dass die Stresstests die Widerstandsfähigkeit der Banken in einem Krisenszenario angemessen widerspiegeln. Wie denn auch? Wer weiß schon, wie die nächste Bedrohung tatsächlich aussieht. Das Besondere an der letzten Krise war ja gerade, dass sie so viele überrascht hat. Wer hätte vor drei Jahren gedacht, dass eine Bank wie Lehman Pleite geht? Wer konnte damit rechnen, dass aus sicheren europäischen Staatsanleihen plötzlich Ramschpapiere werden? Und wer wäre auf die Idee gekommen, dass hinter einem Spitzenrating lauter faule Kredite liegen?

Vor dieser Krise gab es auch schon Stresstests. Doch die Modelle, mit denen die Banken ihre Risiken bewertet haben, waren offensichtlich nicht viel wert. Warum sollten sie jetzt besser sein? Natürlich ist es gut, wenn nach dem Stresstest Banken, die zu wenig Eigenkapital haben, einen zusätzlichen Puffer einbauen. Aber warum haben sie das nicht längst getan? Nach einer internationalen Vereinbarung, auch Basel II genannt, muss das Kernkapital einer Bank mindestens vier Prozent der Summe betragen, die eine Bank an Krediten herausgegeben hat. Damit soll gewährleistet werden, dass die Bank, wenn die Kredite ausfallen, genügend Reserven hat. Den Stresstest aber konnten die Banken nur bestehen, wenn ihre Kernkapitalquote sechs Prozent beträgt. Warum so viel? Weil der Markt das fordert, und niemand anderen wollte man mit der Veröffentlichung dieses Tests beruhigen. Aber wie kann das eigentlich sein, dass der Markt mehr Sicherheit fordert als der Staat?

Dass die Welt neue, schärfere Eigenkapitalvorschriften braucht, darüber waren sich die Staatschefs schon im letzten Jahr in Pittsburgh einig. Basel III soll das Regelwerk heißen, und ursprünglich sollte es Ende 2012 in Kraft treten. Beim jüngsten G-20-Gipfel wurde dieser Plan aber wieder einmal verwässert und verschoben.

Es bleibt dabei: Sicherer kann das Finanzsystem nur werden, wenn die Banken, die Kundengelder annehmen, keine hochspekulativen Geschäfte eingehen dürfen. Wenn auch professionelle Spekulanten wie Hedgefonds gezwungen werden, ihre Risiken abzusichern. Wenn man Finanzprodukte prüft und solche, die nicht der Realwirtschaft, sondern ausschließlich der Gewinnmaximierung dienen, einschränkt. Wenn Rating-Agenturen, die Risiken beurteilen, unabhängig arbeiten. Das alles muss global vereinbart und beaufsichtigt werden. Wenn die Staaten sich dazu durchringen würden, hätte die Welt auch weniger Stress.

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