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Alt Lankwitzer Grundschule - Efeu im Waschraum der Turnhalle

© Karin Retzke

Kommentar zu Berlins maroden Schulen: Ganz schön verhungert

Berlins Schulen brauchen eine nachhaltige Finanzierung statt Millionenprogramme. Sonst verpuffen alle Anstrengungen.

Wie teuer es ist, bei der Gebäudeunterhaltung zu sparen – diese Rechnung bekommt Berlin von Tag zu Tag brutaler vorgelegt. Wer noch im Frühjahr angesichts des Zusatzprogramms für die „Wachsende Stadt“ („SIWA“) Hoffnung schöpfte, weiß inzwischen, dass dieser 500-Millionen-Geldsegen nicht ansatzweise reicht, um die Versäumnisse von Jahrzehnten aufzuholen.

Wie schnell sich die neuen Mittel in der Berliner Luft auflösen, lässt sich sehr gut bei den Schulen beobachten: Die Grundsanierung von nur vier Altbauten verschlingt bereits das gesamte schulische SIWA-Budget von knapp 100 Millionen Euro. Derart teuer werden die Reparaturen, wenn die Feuchtigkeit durch undichte Dächer und Fenster so lange eindringen kann, bis der Putz von der Fassade fällt.

Wie lange Berlin auch baulich auf Pump gelebt hat, sieht man aber nicht nur an der minimierten Bauunterhaltung, sondern auch daran, dass provisorische Schulcontainer aus den 60er Jahren noch immer in Betrieb sind. Die Babyboomer, für die sie einst im Schnellverfahren errichtet wurden, haben inzwischen schon Enkelkinder: Die können nun dabei zusehen, wie der Knöterich durch die Fugen der großelterlichen Container wächst.

Die Wiedervereinigung brachte viele Sanierungsvorhaben zu Fall

Berlin ist überfordert mit seinen Aufgaben. Manche Neubauten lagen oder liegen seit der Wiedervereinigung auf Eis, weil es zunächst wichtiger war, den verwahrlosten Gebäudebestand in den östlichen Bezirken etwas auf Vordermann zu bringen. Das wirkt nach, zumal das Asbestproblem viele Schulgebäude lahmgelegt hatte.

Auch das ambitionierte Ziel, möglichst vielen Kindern eine Ganztagsschule mit Mensen und Freizeiträumen zu bieten, wurde teilweise auf Kosten der Gebäudeunterhaltung umgesetzt. Im Ergebnis hat Berlin einen Sanierungsstau von geschätzten zwei Milliarden Euro.

Alt-Lankwitzer Grundschule: Deckenplatten im Naturwissenschaftlichen Fachraum

© Karin Retzke

100 Euro sind eine stolze Summe. Eigentlich

Man kann natürlich einwenden, dass der Senat sich inzwischen besonnen hat und 100 Millionen doch eine stolze Summe für die Schulen sind. Und dann gibt es ja auch noch die 64 Millionen aus dem jährlichen Schulstättensanierungsprogramm. Nur leider bringt dieses Geld immer weniger, weil die Altlasten zu groß sind. Wer seine Kinder ein halbes Jahr hungern lässt, kann auch nicht alles wiedergutmachen, indem er sie plötzlich gut füttert: Knochenbau, Gehirn und Zähne haben bereits irreparabel gelitten.

Mit Gebäuden verhält es sich ähnlich. Zwar sind ihre Schäden meist reparabel, aber die Substanz kann derart leiden, dass die Sanierung wesentlich teurer wird, als es eine regelmäßige und nachhaltige Bauunterhaltung gewesen wäre.

Berlins Bezirksbürgermeister haben diese Binsenweisheit lange verdrängt. Schlimmer: Sie kennen den präzisen Sanierungsbedarf und den Zustand der Schulen noch nicht einmal. Sie haben sich nie auf Kriterien verständigt, mit deren Hilfe man verlässlich und einheitlich den Bedarf ermitteln könnte.

Sparen an Gebäuden ist langfristig teuer

Inzwischen haben sich Senat und Bezirke mit dieser Frage befasst. Wie auch immer die Ergebnisse ausfallen - eines dürfte feststehen: Sparen an Gebäuden wird langfristig extrem teuer. Diese Lektion dürfte Berlin gelernt haben. Je ärmer ein Land, desto wichtiger ist also der nachhaltige Schutz der Substanz. Das klingt nicht sexy, aber es hilft – nicht nur den Schülern, sondern auch den Polizisten und Juristen in ihren zugigen Dienststellen.

Berlinweite Beispiele für marode Schulen werden zurzeit für den sogenannten Adventskalender gesammelt, der an die Landespolitiker adressiert ist. Vorschläge nimmt wieder der Bezirkselternausschuss Steglitz-Zehlendorf entgegen. Mails an: vorstand@bea-sz.de.

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