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PORTRÄT UMARU YAR’ADUA PRÄSIDENT NIGERIAS:: „Ich danke den Nigerianern für ihre Gebete“

Vor zehn Jahren wäre es zu einem Militärputsch gekommen. Heute demonstrieren die Nigerianer, weil sie endlich wissen wollen, wie krank ihr Präsident wirklich ist

Nach sieben Wochen Schweigen hat der nigerianische Präsident Umaru Yar’Adua am Dienstag zum ersten Mal öffentlich gesprochen. In einem Drei-Minuten-Telefoninterview mit dem britischen Sender BBC sagte der 58-Jährige, er werde im saudi-arabischen Dschidda behandelt und spreche auf die Behandlung an. „Ich hoffe, dass es sehr bald erhebliche Fortschritte geben wird, die mir erlauben, wieder nach Hause zu kommen.“ Yar’Adua war die Mühe, die ihm das Sprechen bereitet, deutlich anzuhören.

Am Vortag war zum zweiten Mal, seit sich der Präsident am 23. November 2009 wegen einer akuten Herzmuskelentzündung in Behandlung begeben hatte, das Gerücht aufgekommen, er könnte tot sein. Die Reaktionen auf das Interview auf der BBC-Homepage und den Internetseiten nigerianischer Zeitungen sind reserviert. Manche fragen, ob die Stimme tatsächlich zu Yar’Adua gehört hat, oder ob ein begabter Schauspieler aus Nollywood (der nigerianischen Filmindustrie) vom Präsidentenbüro beauftragt worden sein könnte.

Selbst als am zweiten Weihnachtstag ein junger Nigerianer nach einem Terrortraining im Jemen versuchte über Detroit ein amerikanisches Flugzeug zu sprengen, konnte diese Nachricht die Sorge um den Gesundheitszustand des Präsidenten lediglich für drei Tage aus den Schlagzeilen verdrängen. Der südafrikanische Think-Tank Institute for Security Studies analysierte am Dienstag, dass eine ähnliche Situation noch vor knapp zehn Jahren zu einem Militärputsch geführt hätte. Heute dagegen diskutieren die Nigerianer lediglich aufgeregt über die Verfassung. Es liegen mehrere Klagen vor, die verlangen, dass Yar’Adua die Macht während seiner Abwesenheit an seinen Vize Goodluck Jonathan übergeben müsse. Am Dienstag haben in der Hauptstadt Abudja Oppositionelle, unter ihnen der Literaturnobelpreisträger Wole Soyinka, bei einer Demonstration klare Auskünfte über den Gesundheitszustand des Präsidenten verlangt. Soyinka sagte der Tageszeitung „Guardian“, ein „lächerliches Regime hält ein ganzes Land als Geisel“. Er warf denjenigen, „die über die Gesundheit des Präsidenten lügen“, Betrug vor. Der Senat, der am Dienstag erstmals seit der Weihnachtspause zusammentrat, wollte eine Delegation nach Dschidda schicken, die nachweisen soll, dass der Präsident lebt und regierungsfähig ist.

Tatsächlich hat Yar’Adua in seiner Abwesenheit lediglich den Nachtragshaushalt unterzeichnet. Sein Privatsekretär hatte die Unterschrift aus Saudi-Arabien mitgebracht. Der Friedensprozess im ölreichen Nigerdelta dagegen ist wegen Yar’Aduas Abwesenheit nahezu zum Stillstand gekommen. Im Sommer hatte der nordnigerianische Präsident mit einer Amnestie einen Teil der Rebellen zu einer Abkehr vom bewaffneten Kampf bewegen können. Schon vor drei Wochen hat eine Rebellengruppe einen Angriff auf eine Ölpipeline mit Yar’Aduas Krankheit begründet, und am Dienstag sind nach Medienberichten zwei Briten und ein Kolumbianer im Nigerdelta von Rebellen entführt worden.

Sollte Yar’Adua die Macht an seinen Vize übergeben müssen, wäre die Machtbalance zwischen dem christlichen Süden und dem muslimischen Norden gefährdet. Jonathan stammt aus dem Süden, Yar’Adua aus dem Norden. Er hat die Macht nach acht Jahren von Olusegun Obasanjo aus dem Süden übernommen, der Yar’Adua trotz seiner angegriffenen Gesundheit zu seinem Nachfolger aufgebaut hatte.

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