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Die Konjunkturaussichten für Deutschland haben sich verschlechtert.

© dpa

Konjunkturaussichten: Ein Abschwung gefährdet Merkel nicht

Sogar eine schwächelnde Wirtschaft wäre für Deutschland kein Drama. Auch die Gefahr einer Inflation ist eher gering – zu schwach ist die wirtschaftliche Lage in Gesamt-Europa.

Wenn Ökonomen in die Zukunft blicken, dann ist Vorsicht angebracht. Die Empirie ist kein Freund der Zunft – meist liegen die Wirtschaftsexperten mit ihren Prognosen daneben. So viel Skepsis ist angebracht, wenn man sich mit dem Herbstgutachten und seinen Vorhersagen für 2013 beschäftigt.

In der Substanz dürften die Ökonomen trotzdem recht behalten: Weil die Folgen der europäischen Staatsschuldenkrise nun auch in der deutschen Wirtschaft spürbar sind, wird sich die „Lokomotive“ Europas langsamer nach vorne bewegen als bisher angenommen. Statt zwei Prozent Wachstum ist 2013 nur noch ein Prozent drin und die Arbeitslosigkeit wird nicht weiter sinken. Auch die Frühindikatoren weisen in die gleiche Richtung: An der Stimmung und Auftragslage in den kleinen und großen Unternehmen ist die Flaute schon ablesbar. Auch die Gefahr einer Rezession sehen die Herbstgutachter noch nicht gebannt.

All das aber ist nicht mehr als ein Dämpfer für die Konjunktur, wie die Institute selbst im Titel ihres Gutachtens schreiben. Ein Drama für Deutschland ist es sicher nicht – schon gar nicht für die Bundesregierung im Wahljahr 2013. Gemessen an den wirtschaftlichen und sozialen Verwerfungen in Südeuropa, steht Deutschland ökonomisch und politisch stabil in der Krisenbrandung. Niedrige Arbeitslosigkeit, hohe Auslastung und Produktivität, steigende Einkommen und lebhafter Konsum lassen die Einnahmen des Staates steigen. Rentenkassen und Gesundheitsfonds laufen über. Sinken 2013 die Sozialversicherungsbeiträge, wird der private Konsum die Investitionsschwäche der Unternehmen zusätzlich abfedern. Und Angela Merkel legt ein Wahlgeschenk drauf: Am Donnerstag deutete die Kanzlerin alles und nichtssagend an, man habe „an einigen Stellen“ die Senkungen von Steuern „im Blick“.

Alles klar? Die Hoffnung, es könne einfach so weitergemacht werden, bis die Konjunktur wieder anspringt und die Krise vorbei ist, täuscht über die Risiken hinweg, die sich im Euro-Raum auftürmen. Auf der IWF-Tagung wird dieser Tage klar, mit welchen Fragen sich die Bundesregierung – und der Finanzminister – in den kommenden Monaten beschäftigen müssen: Ist ein zweiter Schuldenschnitt für Griechenland nötig, der von öffentlichen Gläubigern getragen wird? Braucht Athen mehr Zeit? Ruinieren Spaniens Banken das Land, wie Ratingagenturen meinen?

Gemessen an diesen Fliehkräften, die auf den Euro-Raum wirken, ist die Gefahr einer Inflation wohl eher gering – zu schwach ist die wirtschaftliche Lage in Europa. Und auch die Anleihekäufe der EZB werden das deutsche Wirtschaftswunder nicht entzaubern. Schon mit ihrer Ankündigung hat die Notenbank den Finanzmärkten Paroli geboten. Solche Wirkungsmacht gegen die Vertrauenskrise wird die Regierung 2013 noch unter Beweis stellen müssen.

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