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KONTRA Punkt: Einstecken, austeilen

Christian Wulff war nie nur nett. Er kann auch Härte.

Und jetzt denken alle, na ja, fast alle, dass Christian Wulff bald zurücktreten wird. Nun, kann sein – kann aber auch ebenso gut nicht sein.

Kann sein, weil die Kanzlerin, Angela Merkel, die auch noch CDU-Bundesvorsitzende und Erste Wahlkämpferin ihrer Partei ist, nicht mit dem Christdemokraten Wulff im Bundespräsidentenamt um das Ministerpräsidentenamt zum Beispiel Anfang Mai in Kiel kämpfen will. Schon gar nicht nach dem, was in Kiel bei der CDU vorher los war, diese Sache mit Boetticher und dem Mädchen.

Deshalb könnte es sein, dass sie – im Verein mit den Koalitionspartnern – sagt: lieber weg mit Schaden. Die CSU macht jedenfalls Druck, in Gestalt von Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt, die sehr klar sagt, sie erwarte eine Erklärung von Wulff in den kommenden Tagen.

Der FDP würde ein Abrücken schon schwer fallen, wegen ihres Vorsitzenden Philipp Rösler. Er hat lange und, was Wahlen angeht, erfolgreich und außerdem vertrauensvoll mit Wulff in Hannover regiert. Die beiden haben also eine gemeinsame Vorgeschichte.

Von der CDU ist in diesem Zusammenhang zu schweigen, weil sie das tun wird, was Merkel tut oder will. Oder nachher das, was Merkel getan hat, abnickt.

Ansonsten müsste der Staatsgerichtshof in Hannover nach Ermittlungen zu dem Urteil kommen, dass der Bundespräsident in seiner gewesenen Funktion als Ministerpräsident beim Kredit oder den Urlauben gegen das niedersächsische Ministergesetz verstoßen hat. In dem Fall gäbe es so viel Druck auf Wulff, dass er dem nicht standhalten könnte.

Ist ein derartiges Urteil wahrscheinlich? Diese Frage wird der Präsident doch vermutlich geprüft haben, durch seinen Staatssekretär und Amtschef. Der hat übrigens den Kommentar zur niedersächsischen Landesverfassung geschrieben und dürfte sich damit einigermaßen auskennen.

Kann aber auch gut sein, dass Wulff nicht zurücktritt. Dass er gar nicht daran denkt, im Gegenteil, dass er meint, was er der Mailbox des „Bild“-Chefs gesagt haben soll. Das wäre dann: Krieg führen. Anders ausgedrückt: Ein Bundespräsident legt sich mit „Bild“ und anderen Medien an.

Das hätte es so auch noch nicht gegeben. Dabei wäre sie Wulff zuzutrauen, diese, sagen wir, Gegenoffensive. Zu schnell vergessen ist: Was hat er nicht schon alles an Schlägen eingesteckt, an Niederlagen. Nach unbestreitbar harter Jugend war auch der Weg in der Politik steinig. In Niedersachsen hat Wulff zweimal bei Wahlen gegen Gerhard Schröder verloren, in einem traditionell mehrheitlich konservativen Bundesland. Jeder andere hätte aufgesteckt oder wäre „weggeputzt“ worden. Nicht aber Wulff. Der blieb – und wurde doch noch Ministerpräsident.

Sein Image als der nette Schwiegersohn war ja auch immer nur die eine Seite; die andere ist, dass Wulff sehr hart sein kann. Zum Beispiel im Fall Gerhard Glogowski, Schröders Nachfolger im Amt. Wie er den anging, hat seinerzeit auch in der nicht gerade zimperlichen Niedersachsen- Union einige befremdet.

Will heißen: Wulff kann einstecken, eine Menge, und austeilen. Was Wunder. Wer in der Politik nach oben kommen will, erreicht das nicht nur mit Nettigkeiten. Etwas anderes anzunehmen, wäre naiv. Hier aber ist es noch anders. Wulff wird in der Hinsicht zumeist falsch eingeschätzt.

Wer sagt, dass er nicht gerade alle die Schläge einsteckt, die da kommen, um seine Kräfte zu konzentrieren für den Moment, wenn die Schlagkraft der Berichte nachzulassen scheint? Er kann ja wütend werden, wie jetzt alle Welt weiß; übrigens besonders, wenn es seine Frau betrifft. Das teilt er mit Nicolas Sarkozy.

Allerdings müsste Wulff dann viel zu bieten haben. Und er müsste die umfassende Aufklärung leisten, die alle von ihm erwarten. Müsste Einblick geben in sein Leben. Weil es ohne die letzte Erklärung in jedem Fall unerklärlich bleibt, warum er sich beim „Bild“-Chef so vergessen hat.

Nicht nur CSU-Landesgruppenchefin Hasselfeldt erwartet die Erklärung in den nächsten Tagen.

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