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Kontrapunkt: Berlin verzweifelt am Nato-Treffen

Dass es in einer Hauptstadt zu Behinderungen wegen Staatsgästen kommen kann, ist nachvollziehbar. Aber über die Verkehrssituation anlässlich des Nato-Treffens wurde die Öffentlichkeit vorab nicht nur nicht, sondern danach auch noch falsch informiert.

Das Beste waren die Sonnenbrillen. Wie geblendet von ihrer 48 Stunden währenden Bedeutung standen Berliner Polizisten am Donnerstag im bleigrauen Nieselwetter mit tollem UV-Schutz vor den Augen in Mitte herum und gefielen sich in der Pose cooler Officer. Sie schützen die Außenminister der Nato-Staaten, die sich in der Stadt versammelten, vor ihren ärgsten Feinden: den Berliner Autofahrern.

Und sie genossen ganz offensichtlich die Folgen ihres Überraschungsangriffs, herrisch kommandierend, höhnisch grinsend. Denn anders, als vorab mitgeteilt, sperrten sie nicht nur die Straßenzüge rund um das Außenministerium, sondern weit darüber hinaus. Auch die tote Zone um das Brandenburger Tor war bis zum Großen Stern verlängert worden, der Fluchtweg Tiergartentunnel abgeschnitten. Die Folge: Tobendes Durcheinander auf der einen Seite der Barrieren, gespenstische Ruhe im Zentrum. "Nato verzweifelt am Libyen-Einsatz", lautete am Morgen die Schlagzeile im Tagesspiegel; Berlin verzweifelt am Nato-Treffen, das war die Lage am Vormittag.

Dass es in einer Hauptstadt zu Behinderungen wegen Staatsgästen kommen kann – geschenkt, das weiß und akzeptiert wohl fast jeder. Dass Sicherheitskonzepte nicht vorher dem Volk zur Entscheidung vorgelegt werden – na klar. Dass auch ganze Stadtteile vorübergehend dicht gemacht werden – kommt schon mal vor. Aber hier wurde die Öffentlichkeit vorab nicht nur nicht, sondern falsch informiert, und wer dann in die Falle hinein fuhr, vermeintlich auf einem zwar etwas verstauten, aber doch ansonsten freien Weg, erlebte die Ordnungsmacht in ihrer pampigsten Art.

Selbst verzweifelte Fahrer von Bussen und Taxis scheiterten beim Versuch, Auskunft über Umwege oder Wartezeiten an den überraschend errichteten Straßensperren zu erhalten. "Gehen Sie doch zu Fuß", war eine von vielen verfehlten Empfehlungen der vermeintlichen Freunde und Helfer. Wie zum Hohn vermeldete der Verkehrsfunk der Radiosender, gespeist von einer mit öffentlichen Geldern satt gestopften Desinformationseinrichtung namens "Verkehrsmanagementzentrale", weitgehend Ruhe auf den Straßen. "Das Auto ist in Berlin vom Aussterben bedroht", war ebenfalls am Donnerstag im Tagesspiegel zu lesen. Das mag so sein, man mag das vielleicht sogar begrüßen. Aber man muss auch nicht auf Artenschutz plädieren, um festzustellen: So geht es nicht!

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