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Vielerorts sind die Wahlplakate der Parteien von Unbekannten verunstaltet. Für den verkorksten Wahlkampf sind die Parteien allerdings selbst verantwortlich.

© dpa

Kontrapunkt: Der Berliner Wahlkampf ist ein Debakel!

Die Opposition macht alles klein und mies, und die Regierung verspricht jedem Berliner zu jeder Wahl mehr Kitaplätze, zur Not auch bis zum 18. Lebensjahr. Der Wähler hat die Wahl - aber welche?

Dieser Wahlkampf ist ein einziges demokratisches Debakel, relativ und absolut. Was sind die großen Themen dieser Stadt, die mit 63 Milliarden Schulden beladen im Schlamassel steckt?

Tempo 30 hier oder dort, ein paar Autobahnkilometer mehr oder weniger, ein Stündchen Nachtflugverbot kürzer oder länger, Touristenabgabe ja oder nein – brav sagen die Kandidaten, was dazu in ihren Programmen steht, sofern sie sich erinnern können. Was für eine Farce! Weder ist das wirklich wichtig, noch haben die Wähler wirklich die Wahl. Kommt Rot-Grün, gibt es das eine oder das andere, kommt Rot-Schwarz, gibt es das eine oder das andere, kommt Grün-Schwarz, gibt es das eine oder das andere…

Wo sind die Leute, denen man zutraut, dass sie wirklich etwas bewegen wollen und können in dieser Stadt, die in der Lage sind, diesen wirtschaftlichen Komapatienten wieder zu beleben? Die Grünen? Fordern in Kreuzberg lieber die Bürger auf, den Behörden zu melden, wenn beim Nachbarn das Klo gekachelt wird – Luxusgefahr! Die SPD? Plakatiert „Hertha und Union“ und zeigt damit nur, dass sie für nichts richtige Leidenschaft zeigen kann oder vielleicht nicht einmal hat. Die CDU? Versucht krampfhaft, den Leuten Angst um ihr Auto und 99 weitere Probleme einzureden. Die Linke? Tut so, als hätte sie nicht zehn Jahre lang mitgemacht beim öffentlichen Ausverkauf von Wohnungen und Stadtwerken. Die FDP? Schwadroniert von schwangeren Frauen, die angeblich demnächst mit dem Fahrrad zur Entbindung strampeln müssen, wenn man nicht die Liberalen wählt.

So sieht’s aus bei den im Abgeordnetenhaus vertretenen Parteien: Die Opposition macht alles klein und mies, und die Regierung verspricht jedem Berliner zu jeder Wahl mehr Kitaplätze, zur Not auch bis zum 18. Lebensjahr.

Und die außerparlamentarische Opposition? Beim Schaulaufen ihrer 13 Spitzenkandidaten im Fernsehen trat angeblich auch ein Satiriker auf. Aber wer war’s? Der Kandidat der Piratenpartei, der den Schuldenstand Berlins konkret auf „viele Millionen“ schätzt und den Haushalt sanieren will, indem er 180 renitente Schwarzfahrer aus dem Knast befreit? „Wir sagen nur was zu Themen, wo wir uns eingelesen haben“, sagt der Käpt’n der Freibeuter, die eigentlich bloß das Treibgut der lahmen Dickschiffe aufsammeln müssen. Freie Fahrt mit der BVG versprechen sie, die Piraten, und freies Kiffen. Das geht in Berlin immer, damit kommt man bei den Umfragen locker auf Pi mal Daumen fünf Prozent.

Das würde reichen, Rot-Rot zu beenden, aber nicht, um Klaus Wowereit zu ärgern. Ihm doch egal, regiert er eben mit anderen weiter. Stattdessen ärgert er sich lieber darüber, dass beim ersten „Duell“ mit Frank Henkel angeblich „das Format“ nicht so gut gepasst hat zu ihm. Beleidigt abgedampft ist er nach der Sendung. Dass er es mit seiner Termintaktiererei geschafft hat, gleich zwei „Duelle“ im Fernsehen zu bekommen, das nächste mit Renate Künast, und es damit auf die doppelte Sendezeit bringt wie seine Konkurrenten, hat ihm offenbar nicht gereicht. Da weiß er aber jetzt wenigstens, was er in seiner nächsten Amtszeit zu tun hat. Das darf ihm nicht noch mal passieren. Der RBB, da muss er mal ran!

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