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Kontrapunkt: Künast gegen Wowereit – eine gute Nachricht für die CDU

Das Duell Künast gegen Wowereit wird alle Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Die CDU dürfte im Wahlkampf kaum Gehör finden. Trotzdem erhöht Künast die Chancen der CDU bei der Senatsbildung mitzureden.

Künast gegen Wowereit, das ist eine gute Nachricht – für die CDU. Zum einen muss sie sich keine großen Gedanken mehr machen über ihren eigenen Spitzenkandidaten, denn es ist jetzt fast egal, wen die Christdemokraten nominieren: dieser Zweikampf wird die Aufmerksamkeit nahezu komplett absorbieren, dem wird sich alles und jeder unterordnen müssen. Zum anderen gibt diese Konstellation der CDU zugleich Freiheit und Hoffnung – die Freiheit nämlich, sich auf nichts und niemanden festlegen zu müssen, und die Hoffnung, in einem Jahr für die Senatsbildung plötzlich wichtiger zu sein als es ihrem gegenwärtigen Umfragezustand entspricht.

Künast gegen Wowereit, das ist ein Duell unter früheren politischen Freunden, und solche Wahlkämpfe können ja die härtesten sein. Die Grünen haben der SPD in Berlin einst dazu verholfen, die Vorherrschaft der Weizsäcker-Diepgen-CDU zu unterbrechen; Walter Momper hat den Grünen zu verdanken, dass er trotz kürzester Regierungszeit als der Mann mit dem roten Schal in den Geschichtsbüchern zur deutschen Geschichte steht, Kapitel Mauerfall. Die Grünen haben der SPD dann später dazu verholfen, die Vorherrschaft der Landowsky-Diepgen-CDU zu brechen; Klaus Wowereit hat den Grünen zu verdanken, dass er nach kürzester Amtszeit bereits als Regierender Bürgermeister in seinen ersten Wahlkampf als  Spitzenkandidat ziehen konnte. Aber die SPD hat es den Grünen nicht gedankt. Erst konnten sie nicht, als sie mit der stärkeren CDU koalierten, dann wollten sie nicht, als sie lieber mit der Linkspartei weiter regierten. Dankbarkeit ist eben keine politische Kategorie, das werden auch die Grünen wissen. Aber mit politischer Enttäuschung lässt sich gut mobilisieren, das wissen sie gewiss auch.

Die Frage ist nur, ob es über das sicher reizvolle persönliche Kräftemessen hinaus auch politisch relevantes gibt, das eine wirkliche Wahl im Sinne einer Alternative verspricht. Was wäre anders, würde statt Wowereit Künast regieren, einmal abgesehen von ein paar Autobahnkilometern mehr oder weniger? Die Welt würde sich wieder einmal für einen kurzen Moment der Zeitgeschichte umdrehen nach Berlin: Was für eine interessante Hauptstadt, erst ein schwuler Bürgermeister, jetzt eine Grüne! Und dann?

Die Kunst wird für beide Kandidaten darin bestehen, Schärfe ins persönliche Profil zu bringen, damit die Watte im politischen nicht so auffällt. Bildung, Soziales, Integration, Stadtplanung, Verkehr – die Schnittmenge ist groß, und zwar sowohl, was die bisherige Politik betrifft, als auch die beabsichtigte. Die Programmatiker beider Parteien mögen das anders sehen, im Detail auch zu recht. Aber was sich im Wahlkampf vermitteln lässt, ist eine ganz andere Frage. Wirklich große Konflikte sind nicht zu erkennen.    

Und gute Antworten auf die großen Fragen? Das Integrationsgesetz des Senats umkreist wortreich die Wirklichkeit und ist insofern eine Enttäuschung; die Grünen wiederum können nach ihrer Sprachlosigkeit der vergangenen Jahre zu den offensichtlichen Problemen jetzt auch nicht allzu laut werden. Wirtschaft, Finanzen? Etwas anderes als pflichtschuldige Erklärungen wären eine Überraschung, gute Ideen eine Sensation. Und mit wem wollen sie regieren, die Sozialdemokraten und die Grünen, im Falle des Falles? Mit nahezu jedem, lautet die Antwort, folgerichtig.

Ihr Umfragehoch verdanken die Grünen auch einer Projektion des Guten, Besseren, zu der sie als Oppositionspartei nach der erwiesenen Regierungsfähigkeit erst so richtig geworden sind, sogar weit außerhalb ihrer ursprünglichen Kreise. Durch Künast kommt ein geradezu sportlicher Reiz mit Sympathiewert hinzu: schafft es die Kleine, den Großen zu schlagen? Doch falls sie wirklich den Vorsprung durchs Ziel retten kann, wie schafft sie es dann an die Spitze? Wowereit wird sich wohl kaum freiwillig ins Schicksal des Abgewählten unter Künast ergeben. Beide wollen sich alles offen halten und deshalb nichts ausschließen. Nicht ausgeschlossen ist deshalb, dass es sich die CDU nach der Wahl aussuchen kann, bei wem sie lieber mitregiert.

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