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Kontrapunkt: Rupert Murdoch - Sein Imperium wankt noch nicht

Jeden Tag Neuigkeiten über die Machenschaften der Murdoch-Blätter in Großbritannien. Der Medienmogul pokert um den Komplettkauf des Bezahlfernsehsenders BSkyB und zeigt, was ihm wirklich wichtig ist.

Die ersten Ermittlungen gegen die „News of the World“ wurden von der Londoner Polizei einem halben Jahrzehnt geführt, aber trotz reichlich vorliegender Verdachtsmomente über Polizisten- und sonstige Bestechungen nicht weiterverfolgt. News Corp, der britische Zweig des Murdoch-Imperiums, habe die Ermittlungen behindert, sagt heute der damalige stellvertretende Polizeipräsident Clarke. Man habe immerhin gegen eine „global agierende Firma mit bestem juristischen Beistand“ tätig werden müssen. Außerdem sei seine Abteilung damals sehr in die Terrorabwehr eingespannt gewesen.

Ob Ausrede oder nicht: Clarke beschreibt das Kräfteverhältnis zwischen den öffentlichen Institutionen in Großbritannien und dem internationalen Medienunternehmer leider treffend.

Man müsste ja eigentlich annehmen, dass der Kopf eines Unternehmens, das im Kampf um Schlagzeilen sich skrupellos über Recht, Gesetz und Grundrechte britischer Bürger hinweg gesetzt hat, mit Haftbefehl gesucht wird. Doch Murdoch muss nach der demonstrativen Einstellung der „News of the World“ noch nicht einmal sein verantwortliches Führungspersonal entlassen. Rebekah Brooks bleibt News Corp-Chefin. Sie hatte als „Sun“-Chefredakteurin vor fünf Jahren Gordon Brown die Nachricht überbracht, „Sun“ werde die schwere Erkrankung des Brown-Sohnes veröffentlichen. Man hatte sich, wie auch immer, die Krankenakten beschafft habe.

Murdoch Abwehr gegen die Enthüllungen und Ermittlungen, die sich mittlerweile auf drei seiner Blätter erstecken, steht über den üblichen Gepflogenheiten. Die strafrechtlichen oder moralischen Fragen beeindrucken ihn wenig. Murdoch verlässt sich offenbar darauf, dass in seiner Welt nicht die Regeln und Gesetze der gewöhnlichen Leute gelten, und auch nicht die schwer kompromittierten britischen Politiker, die solange die Nähe der Murdoch-Blätter gesucht haben. Er bekämpft den offenkundigen Missbrauch seiner Medienmacht mit dem vollen Einsatz von Macht und Geld, das mit Medienmacht gemacht worden ist.

Murdochs Objekt der Begierde in Großbritannien ist die komplette Übernahme des Bezahlfernsenders BSkyB, den jeder dritte britische Haushalt abonniert hat. Der bisherige Stand der Übernahmeverhandlungen, wonach Murdoch den Nachrichtenkanal Sky im Gegenzug abstoßen werde, ist nun überholt: News Corp hat die Zusage zurückgezogen, Sky aus BSkyB auszugliedern. Zu dieser Lösung hatte die Regierung im März ihre Zustimmung signalisiert. Jetzt ist eine Prüfung durch die britische Wettbewerbsbehörde nötig. Trotz der braven Bitte der Regierung, Murdoch solle seine Übernahmepläne überdenken, wird diese Prüfung sich hinziehen. Und sie ist eine nach Wettbewerbs-, nicht nach Medienrecht, gegen das so unübersehbar verstoßen wurde.

Niemand weiß, welche Enthüllungen über Nähe und Verbandelung von Privat-Ermittlern aus dem Murdoch-Imperium zur Polizei oder zur Politik noch folgen können. Murdochs globales Imperium ist auf seine Art „too big to fail“, wie es seinerzeit über die globalen Banken hieß, deren Zusammenbruch so unbeherrschbare Risiken für die Weltwirtschaft ausgelöst hätte, dass der Steuerzahler einspringen musste. Murdoch hat nicht nur die „News of the World“ entschlossen und rücksichtslos eingestellt, er lanciert nun das Gerücht, alle britischen Blätter zu verkaufen, um den BSkyB-Deal möglich zu machen.

Was ist die Macht der ohnehin untergangsbedrohten Zeitungen gegen die eines Fernsehsenders, der in der Wahl seiner Mittel vermutlich nicht wählerischer ist? Das Problem hat nicht bei Handy-Hackerei und Bestechungen angefangen. Sondern mit dem Einverständnis von Bürgern, Boulevard und Politikern, die öffentlichen Angelegenheiten nach den brutalen Mustern von entgrenzter Personalisierung und Skandalisierung zu kommunizieren. Immerhin zeichnet sich im britischen Parlament eine Einigung gegen Murdochs Pläne ab.

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