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Kontrapunkt: Serben im Kosovo - die geopferte Minderheit

Nachdem die Kosovaren zwei Kontrollpunkte erobert haben, eskaliert an der Grenze zu Serbien die Gewalt. Es wird Zeit, dass der Westen die serbische Minderheit im Kosovo besser schützt.

Wieder gibt es Gewalt, wieder Schüsse, wieder brennen Barrikaden. Der Hass zwischen Serben und Kosovaren hat sich einmal mehr entladen, die Weltöffentlichkeit blickt erneut auf einen Konflikt, der unbequeme Fragen stellt und leider keine einfachen Antworten zu bieten hat – vor allem nicht auf das Schicksal der rund 100.000 Serben, die im Norden des Kosovo leben.

Als sich die USA und Europa in dem Konflikt auf die Seite der Kosovo-Albaner geschlagen haben, weil es in einem gemeinsamen Staat niemals ein normales Leben für sie gegeben hätte, schien die Argumentation nur zu logisch. Wenn zwei Volksgruppen sich auf grausamste Art und Weise massakrieren, ist eine anschließende Trennung für alle das Beste. Da es in der menschlichen Natur liegt, den Schwächeren zu unterstützen, hatten die Albaner sowohl die emotionale als auch die strategische Argumentation auf ihrer Seite, schließlich gilt Serbien vor allem bei Militärexperten immer noch als russischer Vorposten in Europa. Da kann der kalte Krieg noch so lange her sein.

Denkt man in den gleichen Mustern weiter, müsste der Westen aber auch den klar serbisch dominierten Nordkosovo Serbien zusprechen oder zumindest vertraglich mit Belgrad assoziieren. Wenn Serben und Albaner nicht in einem gemeinsamen Staat Serbien leben können, warum sollte das im Kosovo gehen? Unter der kosovarischen Sonne wird für Serben genauso wenig Platz sein, wie für die Albaner zuvor. Sonst bleibt mehr als ein Geschmäckle, nämlich die Gewissheit, dass all die hehren Ideale und großen Versprechen von Freiheit und Beteiligung nur für militärstrategisch günstig Lebende gelten. 

Serbiens Regierungschef Boris Tadic will, dass der aktuell von Deutschland geführte UN-Sicherheitsrat die Eroberung der zwei Grenzpunkte durch die Kosovaren verurteilt, gleichzeitig hat er Kritik an jenen geübt, die nach der Übernahme der Grenzpunkte randaliert und gezündelt haben. Es drängt sich der Eindruck auf, dass die serbische Minderheit im Kosovo der EU-Integration Serbiens geopfert werden könnte, bis zum Jahresende hofft der Taktiker Tadic für sein Land den Status eines Beitrittskandidaten zu erreichen, er laviert zwischen Europa, den USA und Russland. Gebt Ruhe da unten – wir wollen in die EU

Für die Serben in Zubin Potok oder Leposavic war der Handel mit ihrer gefühlten Heimat Serbien eine der wenigen wirtschaftlichen Betätigungsfelder. Internationale Schmuggelrouten, die durch das Gebiet führen, sind in einer von organisierter Kriminalität durchsetzten Region kein Argument. Wenn jetzt Kosovaren und Kfor-Truppen die Souveränität des mittlerweile von 77 Staaten anerkannten Kosovo „wiederherstellen“, in dem sie gemeinsam die eroberten Grenzpunkte schützen, isolieren sie 100.000 Serben. Es wird Zeit, dass der Westen für die serbische Minderheit die gleichen Maßstäbe anlegt wie für die kosovarische Mehrheit – auch das muss die Lehre nach Jahren des Konflikts in Ex-Jugoslawien sein.

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