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Verhindert das Elterngeld eher Kinder?

© dpa

Kontrapunkt: Wie käuflich sind Kinder?

Mit dem Elterngeld hat der Staat versucht, die Gebärfreude deutscher Akademikerinnen zu fördern. Die Idee hätte von Thilo Sarrazin stammen können, schreibt Malte Lehming im "Kontrapunkt".

Als Gebärmutterankurbelungsanreiz mag es gescheitert sein, aber als Vätererziehungsmaßnahme ist es ein voller Erfolg: So sieht die trotzige Bilanz der Elterngeld-Befürworter aus. Das Eingeständnis, das Hauptziel verfehlt zu haben - die Geburtenrate in Deutschland durch pekuniäre Ausschüttungen signifikant zu erhöhen, versuchen sie, durch den Stolz auf einen emanzipatorischen Nebeneffekt der Milliarden-Ausgabe wettzumachen - immer mehr Väter steigen befristet aus ihrem Job aus.

Das ist kläglich und beschämend. Abgesehen davon, dass das Gros der Männer, die eine Babyauszeit nehmen, allenfalls auf die zwei Bonusmonate schielt, statt sich ein volles Jahr lang um den Nachwuchs zu kümmern, ist die Logik der Elterngeldfans entlarvend. Sie gleicht der von Medizinern, die zwar den Tod eines Patienten beklagen, diesem aber auch etwas Gutes abgewinnen: Schließlich hätten die behandelnden Ärzte bei der Operation viel gelernt.

Nein, das Elterngeld war von Anfang an so falsch wie verkehrt. Es hat die Wohlhabenden bevorzugt und die Bedürftigen benachteiligt. Es war als Stimulus für doppelt verdienende Akademiker gedacht, und keinem fiel auf, dass Thilo Sarrazin ein wenig später für ganz ähnliche Vorschläge von eben jenen kritisiert wurde, die das Elterngeld eingeführt hatten. Dabei sind sich Ursula von der Leyen, Manuela Schwesig und Thilo Sarrazin in der Sache einig: Die Gutsituierten in Deutschland bekommen zu wenig Kinder, die Geringverdiener zu viel, diesem Trend muss durch großzügige staatliche Alimentierung der Elite entgegengesteuert werden.

Das Weltbild, das dieser Ideologie zugrunde liegt, ist materialistisch. Ihm zufolge gehorcht das Kinderkriegen einem strengen Kosten-Nutzen-Kalkül. Potenziellen Eltern muss daher mit Steuergeldern das Gefühl genommen werden, für den Nachwuchs auf etwas verzichten zu müssen. Geld soll die Gebärfreude stimulieren.

Nun ist aber die Entscheidung, Kinder in die Welt zu setzen, das genaue Gegenteil von Materialismus. Kinder sind Risiko, Abenteuer, Schicksal. Sie zahlen sich nicht aus. Sie sind unbequem. Nur, wer naiv, religiös, altruistisch oder wahnsinnig ist, entscheidet sich für sie. Wer sein Leben dagegen planen und kontrollieren will, sollte auf Nachwuchs verzichten.

Das Elterngeld hat nun die materialistische Fehlsicht auf das Problem gestärkt. Die Anspruchsmentalität wurde gefördert. Der Irrglaube, Kinder seien käuflich, wurde genährt. Kein Wunder, dass ein Trend in Deutschland stabil geblieben ist: Der Staat übernimmt immer größere Anteile an den Kinder- und Erziehungskosten - vom Krippenausbau über die kostenlose Kita bis zum Ausgleich von Einkommenseinbußen -, aber immer weniger Kinder kommen auf die Welt. Seit Jahren liegt Deutschland mit seinen Ausgaben für Familien im Spitzenfeld der Industrienationen, doch bei der Geburtenrate rangiert das Land fast ganz am Ende aller Staaten überhaupt.

Paradox ist das nicht. Wer die Familiendebatte vorrangig als Ausgabendebatte führt, was Kinder automatisch als materielles Problem stigmatisiert, hält potenzielle Eltern vom Kinderkriegen ab. Das Elterngeld verhindert Kinder. Es ist höchste Zeit, es wieder abzuschaffen.

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