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Frank-Walter Steinmeier hat die Geduld mit Wladimir Putin verloren.

© dpa

Krim-Krise: Frank-Walter Steinmeier verliert die Geduld

Bisher fährt die deutsche Russland-Politik einen Deeskalationskurs. Nun verliert selbst Frank-Walter Steinmeier die Geduld mit Wladimir Putin und fordert eine OSZE-Beobachterkommission – nach Wochen der erfolglosen Diplomatie.

Die Logik des 21. Jahrhunderts ist die von Kooperation, nicht Konfrontation. Frank-Walter Steinmeier hat diesen Satz gesagt vor dem Deutsch-Russischen Forum in Berlin und damit auch unmittelbar an die Adresse des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Tatsächlich, und damit bestätigt sich die hoffnungsvolle Lagebeschreibung des Außenministers, ist die Krim-Krise von 2014 nicht die Julikrise nach dem Sarajevoer Attentat von 1914: Weder für die Nato noch für Russland ist ein Krieg gegen das andere Lager vorstellbar.

Das ist aber nur das halbe Bild der Lage. Denn die Tatsache, dass die Ukraine-Krise überhaupt wieder altes Lagerdenken heraufbeschworen hat, verdeutlicht die gewaltigen Veränderungen im Verhältnis zwischen Ost und West in diesen Tagen.

Der beste Kronzeuge dieser Entwicklung ist Steinmeier. Deutschland hat sich in den zurückliegenden Wochen wie kaum ein Land in der EU dafür eingesetzt, den Gesprächskanal Richtung Moskau offen zu halten. Putin soll nicht provoziert werden und zum Verhandlungstisch kommen – so lautet ein Leitmotiv der deutschen Russland-Politik. So erklärt sich, warum Berlin nicht unbedingt die treibende Kraft ist, wenn nun auf dem Brüsseler EU-Gipfel der politische Teil des Assoziierungsabkommens zwischen den Europäern und der Ukraine unterzeichnet wird.

Logischerweise ist es Frankreichs Staatschef François Hollande – und nicht Kanzlerin Angela Merkel –, der die Absage des EU-Russland-Gipfels im Juni verkündet. Aber trotz allen Bemühens in Berlin, einen Dialog mit Russland über die Ukraine überhaupt erst zu ermöglichen, scheint nun selbst Steinmeier mit seiner Strategie am Ende zu sein.

Steinmeier fordert schnelle OSZE-Mission für die Ukraine

Denn vor dem Deutsch-Russischen Forum sagte er auch einen Satz, der den Temperatursturz zwischen Ost und West spürbar macht. Innerhalb von 24 Stunden – und nicht innerhalb von zwei oder drei Wochen – müsse nach den Worten des Außenministers eine OSZE-Mission für die Ukraine auf die Beine gestellt werden. Bislang können unabhängige Beobachter nicht überprüfen, ob Moskau aktiv zur Destabilisierung der Lage im Osten des Landes beiträgt – Russland verweigert einer OSZE-Mission die Zustimmung.

Die Verweigerung Moskaus ist nicht überraschend. Sie passt zu der Kaltschnäuzigkeit, mit der Putin den Anschluss der Krim vorangetrieben hat. Sie passt auch zu der Doppeldeutigkeit, mit der er in seiner Rede am Dienstag die Haltung Russlands zur Ukraine beschrieben hat. Da hat der Kremlchef versprochen, kein Interesse an einer Spaltung des Nachbarlandes zu haben. Den Beweis dafür muss Putin aber noch erbringen.

Wenn nun Steinmeier Tacheles redet und die Europäische Union weiter an der Sanktionsschraube dreht, dann sollte niemand Ursache und Wirkung verwechseln. Putin ist – zum Teil auf Druck seines inneren Führungszirkels – schon seit Monaten entschlossen, dem Westen wieder die Stirn zu bieten. Es ist fraglich, ob der Präsident derzeit überhaupt willens ist, sich auf diplomatische Gesprächsangebote einzulassen.

Die Ukraine betrachtet der russische Präsident als Teil des russischen Einflussgebietes. Dagegen setzt die EU nun ihr eigenes Hilfsangebot für Kiew – diese Botschaft wird Putin verstehen.

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