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Kundus: Im Gefecht

Keiner aus der alten und neuen Bundesregierung, der je mit dem Fall Kundus befasst war, soll glauben, er oder sie sei aus dem Schneider. Nein, da kommt noch was.

Transparenz! Sagen, was ist!

Nennen wir das die Tagesbefehle, solche, die jeden Tag für die Politik gelten sollten. Wohlgemerkt, denn was wir derzeit erleben, ist nicht gerade das Gegenteil, aber doch schwer zu durchschauen. Als würden, ja, Nebelkerzen geworfen. Gemeint ist der Fall Kundus.

Keiner aus der alten und neuen Bundesregierung, der je damit befasst war, soll glauben, er oder sie sei aus dem Schneider. Nein, da kommt noch was, der Untersuchungsausschuss, der sowieso, aber schon vorher: was sich in den vergangenen Tage abgezeichnet hat, seitdem sich der bisherige Generalinspekteur Schneiderhan und der beamtete Staatssekretär im Verteidigungsministerium Wichert gegen den neuen Minister zur Wehr zu setzen begonnen haben. Jawohl, sie haben erst begonnen. Beide wollen sich ihre Ehre nicht absprechen lassen, und das lässt noch einiges befürchten.

Wichert, schon unter Stoltenberg eine für den Verteidigungsminister verlässliche Größe, Typ preußisch-korrekter Karrierebeamter, und Schneiderhan, 43 Jahre im Dienst der Bundeswehr, herausragende Beurteilungen, so dass er ihr erster Soldat, ihr Generalinspekteur, der oberste militärische Ratgeber der Bundesregierung wurde. Einer, dem mehrere Minister unterschiedlicher Couleur vertraut haben, so sehr, dass er es schaffte, seinem Amt mehr Einfluss als seine Vorgänger zu verschaffen.

Schneiderhan nun kündigt die Loyalität auf, und Wichert dringt auf Richtigstellung; beide wollen Minister zu Guttenberg angemessen informiert haben über alles, was in Kundus geschah. Anderslautende Behauptungen empfinden sie, die übrigens mit vollen Ehren verabschiedet wurden, als ehrenrührig.

Und diese beiden lügen?

Guttenberg will sie entlassen haben, weil er nicht alles von ihnen erfahren habe. Hat er das wirklich nicht, und hat er sie deswegen geschasst? Vorher haben offenbar doch Schneiderhan und Wichert pflichtschuldig die Verantwortung übernommen. Das ist logisch, wenn sich ihr Eigengewicht, auch das des Militärs, wegen der politischen Schwäche so sehr erhöht hatte, wenn sie im Ministerium mit einem eher schwachen Ressortchef tatsächlich weitgehend die Verantwortung übernommen hatten. Wenn sie darum ihn, Minister Jung, nicht bloßstellen wollten und damit sich. Wenn. Und das kann sogar stimmen.

Jetzt aber hat sich eine andere Lesart verselbstständigt, die des neuen Ministers, und gegen die gehen Schneiderhan und Wichert vor. Guttenberg ist, militärisch gesprochen, in ein Gefecht verwickelt, dessen Ende nicht absehbar ist. Insgesamt führt gegenwärtig das, was er sagt, zu mehr Fragen als Antworten, und letztendlich zur Frage nach seiner Fähigkeit, eine Lage zu beurteilen und angemessen zu entscheiden. Dieser Minister hat den Fall Kundus nicht zu verantworten, das ist fraglos richtig, aber das, was inzwischen unter seiner Verantwortung geschah.

Transparenz! Sagen, was war! Und sagen, was ist!

Was wesentlich ist: Ist es Krieg oder nicht? Ist das Mandat der Bundeswehr richtig? Halten wir das aus? Wollen wir das? Das sind Fragen, die sich seit dem Fall Kundus mehr denn je an die Gesamtverantwortlichen richten, an die Kanzlerin, an die Inhaberin der Befehls- und Kommandogewalt im Verteidigungsfall. Sie muss sich erklären. Endlich. Der Fall Kundus droht national eine Affäre und international ein Desaster zu werden.

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