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Meinung: Lang verborgene Schätze

Von Hans Monath Dass die Globalisierung mindestens unser Schicksal ist, hat sich herumgesprochen. Für alles muss dieses Phänomen seitdem herhalten – für den Appell zur Lohnzurückhaltung genauso wie für ein weltwirtschaftliches Katastrophenszenario.

Von Hans Monath

Dass die Globalisierung mindestens unser Schicksal ist, hat sich herumgesprochen. Für alles muss dieses Phänomen seitdem herhalten – für den Appell zur Lohnzurückhaltung genauso wie für ein weltwirtschaftliches Katastrophenszenario. Doch als es vor zwei Jahren darum ging, im Bundestag die Enquete-Kommission zu diesem Thema zu besetzen, da zeigten die Fraktionen nicht viel Interesse. Mit Ausnahme des Enquete-Vorsitzenden Ernst Ulrich von Weizsäcker, ehemals Leiter des Wuppertal Instituts, fand sich kein prominenter Politiker bereit, in das Projekt zu investieren.

Während jede Versammlung von Attac für Schlagzeilen sorgt, verstand es die Kommission nicht, ihre Arbeit bekannt zu machen. Sie forschte und stritt fast im Verborgenen. Das ist schade. Denn der 600-seitige Bericht der Enquete, den der Bundestag heute berät, enthält nicht nur wichtige Einsichten über internationale Geldströme, Handelshemmnisse oder Bedingungen der Geschlechtergerechtigkeit. Die rot-grüne Mehrheit hat auch ganz konkrete Handlungsempfehlungen vorgelegt, die auf mehr Stabilität der Finanzmärkte, mehr Gerechtigkeit und besseren Ressourcenschutz zielen. Sie sollen die Politik wieder stärken gegenüber den reinen Marktkräften.

Natürlich hat es darüber Streit gegeben zwischen Mehrheit und Minderheit. Auch wenn Union und FDP die Risiken der Globalisierung nicht bestreiten, ist ihre generelle Skepsis gegenüber politischen Eingriffen in Marktprozesse doch unübersehbar. Aber für die These, wonach Liberalisierung das Allheilmittel sei, liefert die Enquete-Arbeit wenig Belege – so wenig wie der jüngste Bericht der UN-Entwicklungsorganisation UNCTAD über die ärmsten Länder der Erde. Auch die meisten Regierungen dieser Staaten haben ihre Wirtschaft längst komplett dem Weltmarkt geöffnet, sie haben auch die Weltbank-Strukturprogramme brav befolgt – ihre Wirtschaft ist trotzdem kaum gewachsen. Dazu braucht es politische Entscheidungen in den reichen Ländern zum Beispiel über ein Ende der Subventionierung der Landwirtschaft, die andere Agrargüter vom hiesigen Markt schlicht aussperrt.

Wer Globalisierung politisch steuern will, der muss freilich auch wissen, welche Entscheidungen überhaupt anstehen. Als immer mehr Fragen mit Brüssel zu regeln waren, hat der Bundestag einen eigenen Europaausschuss eingerichtet. Auch wenn sich Koalition und Opposition über die Bewertung uneins sind: Ein Globalisierungsausschuss des Parlaments würde zumindest die Hebel aufzeigen, die man bedienen kann. Und vielleicht dafür sorgen, dass Globalisierungsfragen ganz praktisch auch in aller Öffentlichkeit diskutiert werden.

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