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LEICHTS Sinn: Gastronomisch-politischer Komplex

Parteien sollten keine Spenden von Firmen nehmen .Hinzu kommt, dass die Spenden von Großfirmen stets zulasten jener vielen Aktionäre bezahlt werden, die oft ganz anders denken als die Vorstandsmitglieder, die wiederum nur mit anderer Leute Geld ihre Wunschpolitik finanzieren.

Sie kennen sicher das Teekesselchen-Spiel, bei dem man ein Wort mit mehreren Bedeutungen erraten muss. Was also ist eine Mietpartei? Zunächst natürlich eine der Familien in einem Mehrfamilienhaus. Und sonst noch? Seit kurzem: die FDP! Jedenfalls, wenn man sich an das von ihr ersonnene Mehrwertsteuer-Privileg für Hotels hält, an das Wissen um eine von den Liberalen vereinnahmte Großspende aus der Hotelszene und an ein frisches Diktum des Kabarettisten Frank-Markus Barwasser: „Nein, die FDP ist nicht käuflich. Aber man kann sie mieten!“ Wie ein Hotelzimmer.

Man konnte an diesem Vorgang vieles kritisieren, zunächst die Sache selber, dann die Annahme der Spende – schließlich aber, und darauf kommt es für die Zukunft an, die Tatsache, dass dieser Typ von Spende überhaupt legal ist. Dass die ordnungspolitisch angeblich saubere und auf Steuervereinfachung programmierte FDP eine solche komplizierte Subventions- und Klientel-Klausel überhaupt ausheckte, war schlimm genug. Dass die Klientel jetzt darüber nur stöhnt, fügt der Absurdität eine weitere Spitze hinzu. Seit der Großspende aus dem Milieu aber stinkt der Unsinn gen Himmel. Dass Parteien Spenden vor allem aus wirtschaftlich direkt interessierten Kreisen angeboten bekommen, entspricht jedoch ansonsten der Logik der Sache.

Oder hätte einer erwartet, dass jemand einer Partei eine Spende zuweist, von deren Politik er nur Nachteile erfährt? Das Mischungsverhältnis aus persönlich bedachter Überzeugung und egoistisch errechnetem Interesse in der Person eines Spenders ist dabei nicht sauber zu ermitteln.

Genau deshalb sollte man gesetzlich festlegen, dass Parteien Spenden nur noch von natürlichen Personen annehmen dürfen, nicht aber von Unternehmen. Denn nur Individuen können zusätzlich zu ihren Interessen auch Überzeugungen haben – und nur Individuen können aufgrund ihrer Überzeugung eine Wahlentscheidung treffen und einen Stimmzettel ankreuzen. Ergo sollte eigentlich gelten: Kein Stimmzettel, keine Spendenquittung! (Mit der Begrenzung der steuerlichen Absetzbarkeit von persönlichen Parteispenden ist dann immerhin verhindert, dass der Staat bei den Reichen durch Steuerverzicht noch mehr drauflegt als bei den Spenden der kleinen Leute.)

Hinzu kommt, dass die Spenden von Großfirmen stets zulasten jener vielen Aktionäre bezahlt werden, die oft ganz anders denken als die Vorstandsmitglieder, die wiederum nur mit anderer Leute Geld ihre Wunschpolitik finanzieren. Natürlich wollen die Parteien als Gesetzgeber in eigener Sache einer solchen Regelung nicht nähertreten. Sie fürchten um eine Schmälerung ihrer ohnedies überreichen Finanz- (sprich: Propaganda-) Mittel – auch aus Wahlkampfkostenerstattung, für Fraktionen und Stiftungen. Wenn man aber bedenkt, dass die Ausweitung dieser Ressourcen und die Professionalisierung von Wählerforschung und Wahlpropaganda parallel verlief zu einem kontinuierlichen Rückgang der Wahlbeteiligung, müssen einen massive Zweifel daran befallen, dass dieser stetig anschwellende Bocksgesang sich staatsbürgerlich überhaupt rentiert. Auf gute politische Ideen kommt man eher durch gründliches und an sich preiswertes Nachdenken. An dieser Nachdenklichkeit fehlt es unseren Parteien, nicht an Spenden, schon gar nicht an Firmenspenden.

Doch während dieser jüngste Fall aus dem gastronomisch-politischen Komplex einen Anstoß zum Nachdenken über unser Spendenrecht liefert, erreichen uns aus Amerika schlimme Nachrichten: Dort hat das Oberste Gericht gerade alle Schranken für Firmenspenden niedergerissen – und das in einem Land, das die Parteifinanzierung wenigstens auf dem Papier streng geregelt hatte. Barack Obama ist zornig. Ich bin es auch.

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