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Meinung: Berlin muss auch in der Mitte wieder Stadt werden

„Die Auferstehung der Berliner Altstadt“ von Hans Stimmann vom 30. MärzMit Begeisterung las ich diesen Artikel.

„Die Auferstehung der Berliner Altstadt“ von Hans Stimmann vom 30. März

Mit Begeisterung las ich diesen Artikel. Die Meinung des Autors stimmt mit der meinigen völlig überein. Trotzdem möchte ich noch eine Anmerkung zum Inhalt machen. Im Artikel ist nicht erwähnt, dass die DDR von 1981 bis 1987 in der Altstadt das Nikolaiviertel nach historischen Vorbildern wiederaufgebaut hat. Die Idee von Rekonstruktionen in Berlin-Mitte ist also keine Erfindung der bundesrepublikanischen Zeit nach 1990. Was die DDR seinerzeit vorgemacht hat, gilt es nun im Marienviertel fortzuführen, um die Geschichte Berlins seit dem Mittelalter in noch größerem Umfang als bisher sichtbar zu machen, die ja von der DDR zum Teil ausgelöscht wurde.

Martin Wendt, Hamburg

In Hans Stimmans Träume von der „Wiedergewinnung vergessener Stadträume“ will ich mich nicht einmischen, ihn aber daran erinnern, dass das alte Berliner Stadtzentrum nicht von der DDR leer geräumt wurde, sondern von Bomben aus amerikanischen und britischen Flugzeugen am Ende eines Krieges, den Hitler vorbereiten und führen ließ.

Wie es am 8. Mai 1945 in Berlin aussah, dass das Schloß und die es umgebenden Straßen eine einzige Trümmerwüste waren, kann man regelmäßig in TV-Dokumentationen sehen. Und ich denke, es behauptet niemand, dass diese Aufnahmen Fälschungen sind und in Wirklichkeit die SED Berlin bombardieren ließ.

Ich habe als Kind die leer geräumten Bombengrundstücke, die nur im Erdgeschoß benutzbaren (weil in den oberen Geschossen ausgebrannten) Häuser gesehen und fand dieses von den Bränden rußgeschwärzte Berliner Zentrum bedrückend. „Fort mit den Trümmern und was Neues hingebaut“ (ein 50er-Jahre- Lied) dagegen sehr plausibel.

Den Städteplanern, Architekten und Baubetrieben der DDR war es aufgegeben, dieses Neue zu bauen. Nun behauptet nicht nur Hans Stimmann, das wäre dann lediglich ein Aufmarschplatz und „der zentrale Raum des DDR-Staates“ gewesen. Für mich (und die Berliner, die dort lebten) war es ein helles Stadtzentrum mit Restaurants, Einkaufsstraßen, Hotels, dem Fernsehturm und später noch dem Palast der Republik. Der große Vorteil des Palastes bestand darin, dass er kein Palast also vornehm, den „Spitzen der Gesellschaft“ vorbehalten war, sondern ein zur vielfältigster Nutzung gebautes Volkshaus, ähnlich dem Kulturhuset Stockholm oder dem Centre Pompidou in Paris, offen für jedermann, keine „Attraktionsarchitektur“. Dementsprechend wurde er von den Leute gern und viel benutzt.

Die Art und Weise, wie im Text die Neugestaltung der Berliner Altstadt in den 60er und 70er Jahren behandelt wird, zeigt, dass beim Thema Stadtzentrum sehr wohl und nach wie vor West gegen Ost steht. Auch wenn Herr Stimmann meint, das sei vorbei.

Dr. Ulrike Schuster,

Berlin-Alt-Hohenschönhausen

Herr Stimmann gibt den Machthabern der DDR die eigentliche Schuld, weshalb der Bereich um das ehemalige Schloß so aussieht, wie sich der Stadtkern von heute darstellt. Was hätten die Leute nach Ende des Krieges machen sollen, als die Trümmer wegzuräumen? Hamburg, Köln, München, Berlin-West und viele andere Städte haben nichts anderes gemacht. Trümmer haben sie weggeräumt und Straßen neu angelegt.

Über das eigentliche Zentrum – den Lustgarten mit den dazugehörenden Gebäuden – von Berlin läßt sich der Autor nicht aus. Schade. Interessanterweise gruppieren sich um den Lustgarten herum die vier tragenden gesellschaftlichen Säulen im alten Preußen: Die Kirche (der Dom), der Adel (das – die weggeräumte Ruine – Schloß), das Bürgertum (das Alte Museum) und das Militär (das ehemalige Zeughaus). Bis auf das Schloß haben die Machthaber der DDR alle Gebäude zumindest notdürftig erhalten. Der verhasste Adel sollte kein Denkmal erhalten. Klar eine ideologische Entscheidung.

Was soll jetzt hin, dort wo das Schloß stand? Der Adel als staatsbeherrschende Institution wurde schon längst vom Großkapital abgelöst (Banken, Industriekonzerne, Versicherungskonzerne, u. a.). Konsequent wäre also, auf dem Schloßplatz einen Palast aus Stahl, Beton und Glas für die Bosse der deutschen Wirtschaft, natürlich aus Steuermitteln, hinzustellen.

Anton Kulmus, Berlin-Reinickendorf

Stell’ dir vor es ist Stadt, aber keiner geht hin und niemand kommt von dort. – Das imposante Loch, jeder Fußgänger und Radfahrer meidet es strategisch auf seinem Weg von Stadtteil zu Stadtteil, zumindest in der Nacht, es sei denn, es handelt sich um einen Touristen. Der wundert sich und wird hier seinen Schritt beschleunigen, um endlich wieder in der Stadt anzukommen. Nur er weiß nicht, welche Richtung zunehmen ist, bestenfalls hält er auf den großen Turm zu in der Hoffnung, hier ereignet sich etwas. Er landet auf dem Alexanderplatz und wieder orientierungslos kauft er sich spätestens jetzt einen Stadtplan. – Sein Fehler: er folgte den Zeichen, die Angaben hier sei die Mitte von etwas Großartigem und fand aber nur die Leere, die es braucht um den Gesten einer Welt von Riesen den gebührenden Abstand zu erweisen.

Herr Stimmann begeht vielleicht ein von ihm einst selbst geprägtes Sakrileg, das Tabu der „Grünen Mitte“ wird sich nur schwer umstürzen lassen und ist leider nicht der Ort für Feingeister. Ich wünsche ihm und uns jeden Erfolg dabei!

Prof. Klaus Schäfer,Bremen

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