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Meinung: Die Waffen des Staates sind stumpf

„Schlagende Argumente“ vom 1. Juni 2006 Die Fälle von Straftaten vernachlässigter Kinder häufen sich, was manch einen Politiker dazu verführt, seine Hilflosigkeit durch die Verordnung scheinbarer Patentrezepte zu verschleiern.

„Schlagende Argumente“

vom 1. Juni 2006

Die Fälle von Straftaten vernachlässigter Kinder häufen sich, was manch einen Politiker dazu verführt, seine Hilflosigkeit durch die Verordnung scheinbarer Patentrezepte zu verschleiern.

Zu Recht hat die brandenburgische Justizministerin Beate Blechinger die vom Berliner FDP-Fraktionsvorsitzenden Manfred Lindner erhobene Forderung nach Senkung der Strafmündigkeitsgrenze von 14 auf zwölf Jahre zurückgewiesen, die den Kern des Problems klar verfehlt. Dieser besteht nämlich darin, dass die Waffen des Staates stumpf sind, wenn Eltern ihrer Erziehungsverantwortung nicht entsprechen, worauf Gerd Nowakowski in seinem Kommentar zum Fall des zwölfjährigen Berliner „Schulschlägers“ hingewiesen hat.

Doch mit einer schlichten Gesetzesänderung, die der Berliner Jugendsenator Klaus Böger vorgestern vorgeschlagen hat, dürfte es nicht getan sein. Die Hürden für eine Entziehung des elterlichen Sorgerechts liegen nämlich deshalb so hoch, weil das Grundgesetz in Artikel 6 die Familie ausdrücklich vor staatlichen Eingriffen schützt. Die Einfügung dieses Artikels ins Grundgesetz war zwar eine verständliche Reaktion auf den staatlichen Indoktrinierungsterror der Nazis, doch hat dies zu einer Rechtsprechung geführt, durch die das Kind gleichsam mit dem Bade ausgeschüttet worden ist. Gerd Nowakowski übertreibt also nicht, wenn er meint, eine Änderung der derzeitigen Rechtslage könne sogar „Leben retten“.

Dr. E. C. Rautenberg,

Generalstaatsanwalt des Landes

Brandenburg

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