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Meinung: Ist genmanipuliertes Gemüse ungefährlich?

„Heiße Kartoffel“ von Deike Diening vom 26. Juli Ich weiß überhaupt nicht, worüber sich diese „Öko-Freaks“ aufregen.

„Heiße Kartoffel“ von Deike Diening vom 26. Juli

Ich weiß überhaupt nicht, worüber sich diese „Öko-Freaks“ aufregen. Wenn genverändertes Gemüse angebaut wird und in den Handel kommt, ist es schließlich getestet und zugelassen. Und sowohl die Verbraucher als auch die Bauern haben so weit ich es erkennen kann nur Vorteile: Wenn die Pflanzen resistenter gegen Schädlinge sind, können sich die Bauern den Einsatz giftiger Pestizide sparen – das ist gesünder und zudem noch billiger, weil die Kosten für den Pestizideinsatz bei der Produktion entfallen. Davon profitieren nicht zuletzt auch wir Kunden. Und ich finde es ausgesprochen angenehm, dass die Tomaten heutzutage länger halten als noch in meiner Kindheit. Und in den USA und Kanada wird genmanipuliertes Gemüse schon seit vielen Jahren angebaut und verkauft. Und wo liegt eigentlich der Unterschied zwischen natürlicher Züchtung durch Kreuzung von Arten und Genmanipulation? Beides dient der Verbesserung von Eigenschaften der Pflanzen!

Andreas Schulz, Berlin-Marienfelde

Schön, dass Ratten und Färsen die Kartoffel probiert haben und nicht gestorben sind, aber das geschieht immer zeitverzögert: Beispiel sind die Bienen, die jetzt an dem chemisch verseuchten Maissaatgut eingehen. Ich verlange, dass jedes Genprodukt deutlich gekennzeichnet wird. Firmen wollen Profit! Der „Rest“ (krebskranke Menschen) interessiert sie nicht. Das sollten wir nicht vergessen!

Regina Kröning, Berlin-Spandau

Sehr geehrte Frau Kröning,

Sehr geehrter Herr Schulz,

es wäre schön, wenn sich Verbraucher darauf verlassen könnten, dass Gentech-Pflanzen wie der Gen-Mais Mon 810 ausreichend geprüft und getestet sind. Nur ist dies nicht der Fall. Die zuständige EU-Behörde (EFSA) prüft nur die Unterlagen, die ihr von denjenigen vorgelegt werden, die ein Interesse an der Vermarktung haben.

Leider gibt es eine enge personelle Verflechtung zwischen den Antragstellern aus der Industrie und den Experten in den zuständigen Behörden, wie eine von mir in Auftrag gegebene Untersuchung gezeigt hat. Die Unabhängigkeit und damit die Glaubwürdigkeit der staatlichen Risikobewertung und Zulassung von Gentech-Pflanzen ist nicht gewährleistet. Sogenannte „wissenschaftliche“ Bewertungen, die mit der Industrie ausgekungelt wurden, sind das Papier nicht wert, auf dem sie stehen. Zur Schaffung von Vertrauen brauchen wir eine unabhängige Risiko- und Folgenabschätzung und die Unterstützung von freier Forschung, die den Namen „frei“ auch verdient. Seehofer und die Bundesregierung wollen nun angesichts der heftigen Kritik an den Gen-Pflanzen die Zulassungsverfahren allein der umstrittenen EFSA überlassen und sich selbst aus der Verantwortung ziehen – das hieße, den Bock zum Gärtner zu machen.

Immer wieder wird behauptet, es gebe keine Risiken. Das ist falsch, wie die Nachweise der schädlichen Wirkung von insektenresistenten BT-Maispflanzen auf Schmetterlingslarven verdeutlichen. Im Gegensatz zu „normalen“ Pflanzen wird im Gen-Mais das Gift in allen Pflanzenteilen, sogar im Pollen produziert. Eine derartige Pflanze wurde durch klassische „Züchtung“ bisher noch nicht entwickelt. Agro-Gentechnik überwindet künstlich die Artgrenzen und damit auch den natürlichen Schutzmechanismus der Pflanze.

Weltweit betrachtet ist es langfristig nicht gelungen, durch den Einsatz von Gentech-Pflanzen konventionelle Pestizide zu ersetzen. Im Gegenteil, Bt-Mais ist selbst ein Pestizid, das auf den Acker ausgebracht wird und vollständig in die Nahrungskette gelangt.

Auch die Behauptung, dass Landwirte langfristig davon profitieren, ist wissenschaftlich bisher nicht nachgewiesen. Anfang 2008 stellten US-Wissenschaftler dagegen bei einem mehrjährigen Vergleich von konventioneller Baumwolle mit dem Anbau von gen-Bt-Baumwolle fest, dass die Erträge auf den konventionellen Feldern jedes Jahr höher waren, nur in einem einzigen Fall waren die Erträge gleich hoch.

Gentechnik-Politik muss auf dem Vorsorgeprinzip basieren. Eine Verunreinigung ist nicht mal schnell wieder „rückholbar“. Wenn es schiefgeht, drohen enorme Schäden und Ernterisiken, die wir nicht verantworten können.

Der Einsatz von gentechnisch veränderten Pflanzen widerspricht dem Ziel einer zukunftsfähigen und umweltgerechten Landwirtschaft. Mit Millionen Euro an öffentlichen Mitteln wird jährlich die Agro-Gentechnik gefördert. Dabei wollen viel mehr Verbraucher Ökoprodukte essen, die ohne Pestizide auskommen.

Die deutschen und europäischen Gesetze zur Gentechnik schreiben vor, dass der Schutz von Mensch und Umwelt sowie die Wahlfreiheit gewährleistet sein müssen. Kontaminationen und Auskreuzungen müssen verhindert werden. Dafür müssen deutsche PolitikerInnen auch die Verantwortung tragen und nicht klammheimlich Verunreinigungen Tür und Tor öffnen, wie bei der Reform des Gentechnik-Gesetzes durch Minister Seehofer. Wir haben mit Ökolandbau und konventioneller Züchtung ein großes Potenzial zur Sicherung einer guten gesunden Ernährung und den Erhalt unserer Umwelt. Das müssen wir nutzen.

Mit freundlichen Grüßen

— Ulrike Höfken (Grüne), MdB, Sprecherin

für Ernährungspolitik und Verbraucherfragen

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