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Karfreitag-Karikatur: Gegenseitiger Respekt ist die Grundlage für ein friedliches Miteinander

Dr. Hanna-Renate Laurien kritisiert die Karikatur auf der Meinungsseite vom Karfreitag: Man solle nicht "eine religiöse Kernbotschaft einer Religion zum Gegenstand einer Karikatur machen."

Ich bin wahrhaftig für kritische Auseinandersetzungen und halte Karikaturen durchaus für einen wichtigen kritischen kulturellen und politischen Beitrag. Und auch Glaubensüberzeugungen dürfen in ihrer sozialen oder gesellschaftlichen Funktion durchaus karikiert werden. Aber die religiöse Kernbotschaft einer Religion zum Gegenstand einer Karikatur zu machen, das verletzt mehr als die Menschenwürde. Eben das hätte ich „meinem“ Tagesspiegel nicht zugetraut, und so verstehen Sie meinen Aufschrei über die Karikatur in Ihrer „Osterzeitung“, der letzten vor dem Fest, von Stuttmann in diesem Sinn.

Es geht um die Karfreitagsfürbitte der katholischen Kirche für die Juden. Ich gestehe: Die vor dem Konzil geltende habe ich schon damals nicht mitgebetet, denn die Juden, auf deren Glaube der christliche Glaube aufbaut, als „perfide“ zu bezeichnen, ging mir nach der NS-Zeit nicht über die Lippen, und ich jauchzte als dann die neue Formulierung galt, in der Gott gebeten wird, die Juden „in der Treue zu seinem Namen … zu bewahren, damit sie das Ziel erreichen, zu dem sein Ratschluss sie führen wird“. Und in der anschließenden Fürbitte wird dann darum gebetet, dass dies Volk „zur Fülle der Erlösung gelangt“. Das heißt für Christen, dass damit das, was Christen und Juden, die an den Einen Gott gemeinsam glauben, trennt, nämlich die Botschaft Jesu, in der göttlichen Zeit vereinigt wird. Nun hat Papst Benedikt XVI. einen Messtext, der vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil üblich war, als außerordentlichen, also nicht allgemein üblichen Text zugelassen, hat aber, gottlob, nicht den damit verbundenen Karfreitagstext genehmigt und hat – leider – nicht einfach den jetzt gültigen Text eingefügt, sondern eine Neuformulierung, die stärker die Zielsetzung: Jesus anzuerkennen betont. Stuttmann macht aus solcher Glaubensmitteilung einen Hammer, und er gibt den Eindruck, dass Papst Benedikt diese Botschaft mit Gewalt den Juden zuteilen will. Er verfälscht den Inhalt der christlichen Botschaft, der Liebe ist und verfälscht die Methode der Vermittlung, die Angebot und nicht „Hammer“ ist.

Gläubige Christen und Juden wissen, wie viel sie glaubend und im gesellschaftlichen und sozialen Handeln vereint, aber sie wissen auch, dass sie die Menschwerdung Gottes in Jesus trennt – und sie halten das in gegenseitigem Respekt aus und bestätigten immer wieder die Gemeinsamkeiten. Diese Karikatur macht aus Glaubenswahrheit einerseits Lächerlichkeit und – was viel bedenklicher ist – Gewaltandrohung. Ich weiß, dass kaum jemand – außer mir seltsamem Wesen – Ihnen zu dieser Karikatur schreiben wird. Das regt mich eigentlich mehr als die Karikatur selbst auf. Die Muslime würden im Vergleichsfall reagieren – leider überdimensional. Für mich ist der Tagesspiegel letztlich ein wichtiges Instrument zu Formen gewaltfreier, menschenrechtswürdiger Kritik zu finden. Ich vertraue ihm.

Dr. Hanna-Renate Laurien, Berlin-Lankwitz

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