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Meinung: Kleine Kinder brauchen Geborgenheit

„Im Schatten des Mutterkreuzes“ vom 16. April 2005 Als frischgebackener Vater danke ich Ihnen für die schöne Darstellung der deutschen Familien und Betreuungsmisere.

„Im Schatten des Mutterkreuzes“

vom 16. April 2005

Als frischgebackener Vater danke ich Ihnen für die schöne Darstellung der deutschen Familien und Betreuungsmisere. Meine Freundin und ich erleben derzeit in Berlin (Mitte) die Auswirkungen der deutschen Familienpolitik in ihrer absurdesten Art und Weise.

Angefangen von völlig fehlbesetzen städtischen Beratern für Kinderbetreuung („Das lesen Sie besser im Internet nach“) bis hin zur katastrophalen Verfügbarkeit der Betreuungsplätze (ganze vier Tagesmütter in Berlin-Mitte mit immerhin 75000 Einwohnern).

In Ihrem Artikel schildern Sie die beunruhigende Überzeugung der Deutschen, dass eine baldige und vollständige Wiedereingliederung der Frau in Ihren Beruf praktisch mit einer Vernachlässigung der Kinder gleichgesetzt wird. Erstaunlich finde ich, dass diese vermeintliche Besorgnis um den nationalen Nachwuchs keineswegs dazu führt, dass man Deutschland als besonders kinderfreundliches Land wahrnimmt.

Wäre es nicht Aufgabe der Politik, neben Ganztagesbetreuungsplätzen und finanziellen Erleichterungen für Familien ein „neues“ Selbstverständnis für eine emanzipierte Kinderbetreuung zu schaffen? Erstaunlicherweise gibt es keine Lobby, die im Stile eines ADAC oder eines Bundes der Steuerzahler im Ernstfall mit der virtuellen Missgunst von Millionen Menschen drohen könnte. Nein, als betroffene Eltern schreibt man sich an Senat und Bund die Finger wund, um dann mit Serienbriefen abgespeist zu werden.

Peter Duerr, Berlin-Mitte

Leider besteht zwischen der Situation, wie sie von Journalisten beschrieben wird, und dem Frankreich, zumindest in Paris, das ich tagtäglich erlebe, eine erhebliche Diskrepanz. Als alleinerziehende Mutter einer einjährigen Tochter warte ich seit über einem Jahr auf einen Krippenplatz – nur 18 Prozent aller Kinder bekommen einen, es ist nicht einfach, „gute“ Tagesmütter zu finden, und es ist sehr teuer. Für ein Kind gab es bis vor einem Jahr überhaupt kein Kindergeld etc.

Vor kurzem sagte mir ein Politiker, dass er wüsste, dass es in Deutschland viel besser geregelt wäre, aber sie in Paris großen Aufholbedarf hätten. Auch in Frankreich besteht Nachholbedarf.

Dr. Christine Müller-Graf, Paris

Ich habe es langsam satt, dass Lebensformen gegeneinander ausgespielt werden. Wer ist die bessere Mutter? Die Mutter im Voll-, Teilzeitjob oder die „Nur-Mutter“ und Hausfrau? Wichtig ist, dass die Mutter glücklich und zufrieden ist, dann gedeihen auch die Kinder.

Sandra Westerbarkei, Berlin-Prenzlauer Berg

Fragen Sie doch mal einen Fünfjährigen, ob er lieber den ganzen Tag im Kindergarten sein möchte oder es vorziehen würde, bei seiner Mutter zu bleiben. Es mag ja sein, dass Kinder, die fremdbetreut werden, nicht weniger gestört bzw. verhaltensauffällig sind als welche, die „nur“ bei ihrer Mutter aufwachsen, aber wie sehen diese Kinder die Problematik in zwanzig oder dreißig Jahren?

Bärbel Romahn, Berlin-Wittenau

Als nicht erwerbstätige Mutter von drei Kindern möchte ich Frau Vinken aufs Schärfste widersprechen, dass Kindererziehung und Berufstätigkeit problemlos zu vereinbaren seien. Abgesehen von den nicht beeinflussbaren Variablen Krankheit, ausgefallene Schulstunden etc. diskutieren wir in meiner Wahrnehmung immer nur die zeitlichen Probleme und nie die Qualität der anzustrebenden Ganztagsbetreuung. Kinder haben ein Recht auf einen respektvollen, achtsamen und kompetenten Umgang. Ist wirklich sichergestellt, dass diesem Anspruch Kitas, Krippen und Schulen gerecht werden können? Ich behaupte, dass insbesondere kleine Kinder den Schutz und die Geborgenheit der Familie dringend brauchen.

Christine Oertling, Potsdam

So lange berufstätige Mütter schon um 15 Uhr spätestens ihre Kinder aus irgendeiner Betreuungseinrichtung abholen müssen, können die gut ausgebildeten Frauen ohne Hilfe der Großeltern oder anderer vor Ort vorgefundener Personen die gleichzeitige Rolle einer engagierten berufstätigen Frau und Mutter gar nicht leisten. Noch immer wird unseren jungen Frauen eingeredet, dass Kinder zu Hause besser aufgehoben und betreut werden. Jeder halbwegs funktionierende Kindergarten leistet mehr, als zu Hause angeboten werden kann.

Ingeborg Fischbeck, Berlin-Lichterfelde

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