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Meinung: Können die Reeder die Piraten ausbooten?

Zur Piraterie vor AfrikaDie Deutsche Marine beschreibt es auf ihrer Homepage treffend: „Fern von Augenklappen und Totenkopfflaggen hat sich eine neue, moderne Art der Piraterie etabliert. Kleine Gruppen von gut ausgerüsteten Menschen gehen ohne Rücksicht auf Verluste auch gegen große Frachtschiffe vor.

Zur Piraterie vor Afrika

Die Deutsche Marine beschreibt es auf ihrer Homepage treffend: „Fern von Augenklappen und Totenkopfflaggen hat sich eine neue, moderne Art der Piraterie etabliert. Kleine Gruppen von gut ausgerüsteten Menschen gehen ohne Rücksicht auf Verluste auch gegen große Frachtschiffe vor. Sie stellen eine wachsende Gefahr dar, auch für deutsche Schiffe … Relativ unbemerkt von der Außenwelt sind Überfälle durch Piraten längst zum Regelfall auf den Weltmeeren geworden.“

Seit einiger Zeit versuchen Marineverbände vieler Staaten, vor allem der EU und der USA, nun schon des Problems der Piraterie vor Somalia Herr zu werden. Aber trotz vereinzelter Erfolge habe ich eher den Eindruck, dass die Zahl der Piratenangriffe auf den Schiffsverkehr in dieser Region zugenommen hat. Piraterie scheint ein Riesengeschäft zu sein, und die Piraten verfügen über modernste Ausrüstung. Wenn die Gefahr steigt, durch die vor Ort patrouillierenden Kriegsschiffe erwischt zu werden, werden die Piraten technisch einfach weiter aufrüsten, die finanziellen Mittel haben sie. Oder sie ändern ihr Beuteschema und kapern künftig weniger Frachtschiffe und dafür die eine oder andere Jacht oder gar ein Kreuzfahrtschiff. Beim Kreuzfahrtschiff „Melody“ habe sie es ja kürzlich schon versucht. Lösegeld für betuchte Touristen lässt sich jedenfalls sicher auch gut erpressen.

Ich jedenfalls glaube nicht daran, dass die Piraterie am Horn vor Afrika verhindert werden kann.

Karl-Heinz Stein, Berlin-Mariendorf

Sehr geehrter Herr Stein,

mit Ihren Ausführungen beschreiben Sie die aktuelle Problematik der modernen Piraterie sehr treffend. Richtig ist, dass insbesondere Ende letzten Jahres auf politischer Ebene Bewegung ins Spiel gekommen ist. Die Bundesregierung hat binnen kurzer Zeit dafür Sorge getragen, dass ein Mandat unter dem Dach der EU-Mission „Atalanta“ für die Entsendung der Marine-Fregatten in den Golf von Aden erteilt wurde. Richtig ist aber auch, dass diese Maßnahme noch nicht ausreichend Schutz für die zivile Handelsschifffahrt bietet und sich daher nicht nur Reeder, sondern auch die Politik weiterhin intensiv mit der Thematik auseinandersetzen müssen. Betrachtet man die jüngsten Vorkommnisse und den derzeitigen Zustand am Horn von Afrika im Detail, muss man zu diesem, auch von Ihnen erwähnten, Schluss kommen, dass die „vereinzelten Erfolge“ der internationalen Staatengemeinschaft nicht erkennen lassen, dass die Piraterie generell und speziell am Horn von Afrika verhindert werden kann.

Jedoch, so glauben wir, kann die Bündelung einzelner Aktivitäten in diesem Kontext zu einem Programm ausgestaltet werden, das die moderne Piraterie in den derzeitigen Hochseerisikogebieten zumindest eindämmen kann.

Hierzu ist es unter anderem erforderlich, dass eine permanente Überwachung des zugegebenermaßen extrem großen betroffenen Seegebiets vorgenommen wird und zwar nicht nur von den patrouillierenden Marineschiffen der unterschiedlichen Staaten, sondern auch aus der Luft, um frühzeitig auszumachen, wo Mutterschiffe und damit logistische Schlüsselpositionen der Piraten zu finden sind. Diese Mutterschiffe, häufig als Fischtrawler getarnt, müssen konsequent aufgebracht und die Verbrecher festgenommen und einer Gerichtsbarkeit zugeführt werden – bevor sie erneut mit Schnellbooten und scharfen Waffen Schiffe in ihre Gewalt bringen. Gewissermaßen muss hier das Übel an seiner Wurzel gepackt werden.

Um die Ursachen dieses „Wirtschaftszweigs“, der in Somalia als äußerst lukrativ und erstrebenswert angesehen wird, zu bekämpfen, bedarf es aber weit mehr als des Aufbringens der Mutterschiffe oder des Aufbrechens der Lager in den Piratenhochburgen an Land. Es muss uns, aber auch der internationalen Staatengemeinschaft und damit der Politik bewusst sein, dass die derzeitige Form der modernen Piraterie, die maßgeblich von Somalia ausgeht, ein gefährliches Pulverfass ist, dem in erster Linie mit einem strategischen Maßnahmenpaket begegnet werden muss, um es nicht zur Explosion zu bringen. Schließlich ist ja auch zu befürchten, dass sich die somalischen Kriminellen möglicherweise mit noch anderen Gruppierungen oder institutionalisierten „Kriegern“ zusammenschließen, um ihr „Geschäft“ noch effektiver betreiben zu können.

Der Erfolg einer Mission gegen die moderne Piraterie, wie wir sie derzeit erleben, ist auch abhängig von der Ausgestaltung eines umfassenden Hilfsprogramms für den Staat Somalia, das sich nicht darauf beschränken sollte, innerhalb des Welternährungsprogramms Güter ins Land zu verbringen, die die Menschen am Leben erhalten sollen, sondern das die Infrastruktur und wirtschaftliche Entwicklung des desolaten Staates verbessern muss, so dass die Somalier perspektivisch die Chance erhalten, sich selbst aus dem Teufelskreis der Armut zu befreien, und zwar auf andere Art und Weise als durch Piraterie. Diese Aufgabe kann jedoch nicht eine Regierung allein übernehmen, hier muss die internationale Staatengemeinschaft Flagge zeigen und gemeinsam schnellstmöglich aktiv werden.

Mit freundlichen Grüßen

— Niels Stolberg, geschäftsführender Gesellschafter der Bremer Projekt- und Schwergutreederei

Beluga Shipping GmbH

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