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Meinung: Muss die deutsche Wirtschaft stärker abgeschottet werden?

Zur Diskussion über eine stärkere Abschottung der deutschen Wirtschaft Endlich setzt sich auch die deutsche Politik einmal mit den Realitäten der globalisierten Wirtschaft auseinander. Frankreich und Russland machen uns ja schon seit Jahren vor, wie man die eigenen Interessen schützt und vertritt.

Zur Diskussion über eine stärkere Abschottung

der deutschen Wirtschaft

Endlich setzt sich auch die deutsche Politik einmal mit den Realitäten der globalisierten Wirtschaft auseinander. Frankreich und Russland machen uns ja schon seit Jahren vor, wie man die eigenen Interessen schützt und vertritt. Auf der einen Seite verhindern die Russen und Franzosen rigoros, dass ausländische Rivalen bei ihren Energieunternehmen einsteigen, in dem sie sie unter staatliche Kontrolle gestellt haben. Andererseits versuchen genau diese Unternehmen, zum Beispiel Gasprom oder der französische Stromgigant Edf, sich bei europäischen Konkurrenten einzukaufen und unter anderem auch auf dem deutschen Markt zu wachsen. Da muss dringend reagiert werden. Marktwirtschaft funktioniert nur, wenn die Bedingungen für alle Marktteilnehmer gleich sind. Dieses Gleichgewicht wird von Frankreich und auch Russland seit vielen Jahren immer wieder durch Einflussnahme von Seiten der jeweiligen Regierung gestört. Wir dürfen nicht länger tatenlos zusehen, wie den Unternehmen in diesen beiden Staaten von Regierungsseite aus Vorteile verschafft werden. Dass dies sporadisch schon geschieht wie bei der Einflussnahme durch die Bundesregierung im Fall EADS, als sich Daimler-Chrysler von seinen Anteilen trennen wollte, ist zwar gut, aber längst nicht ausreichend.

Die in dem Artikel genannten Angaben des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) zu den ausländischen Fonds unter staatlicher Kontrolle, die es in 25 Staaten gibt und insgesamt 1700 Milliarden Euro (!!!) verwalten geben ebenfalls deutlichen Anlass zur Sorge um den Standort Deutschland. Es ist wirklich allerhöchste Zeit, China, Russland und den reichen arabischen Staaten den Zugang zu deutschen Schlüsselbranchen zu erschweren, sonst können wir unseren Enkeln irgendwann nur noch das Märchen vom Exportweltmeister Deutschland erzählen: Vor langer, langer Zeit …

Joachim Roth, Berlin-Steglitz

Sehr geehrter Herr Roth,

Sie haben recht, wenn Sie schreiben, dass Frankreich und Russland schon seit Jahren Industriepolitik betreiben. Es ist ebenso richtig, dass die asiatischen Länder insbesondere China, mit ihren Produkten unsere Märkte erobern und der Wettbewerb dadurch erheblich gestiegen ist.

Aber seien wir einmal ehrlich: Auch deutsche Unternehmen drängen zu Recht nicht nur mit Produkten ins Ausland, auch kleinere als Daimler-Chrysler oder SAP. Und genauso investieren private wie auch öffentliche deutsche Banken ebenfalls jenseits unserer Grenzen.

Exportweltmeister und Importprotektion – das sind zwei Dinge, die nicht zusammenpassen, meint der Kronberger Kreis und „Anpassungsprobleme müssen zu Hause gelöst werden“, lautet der nüchterne Hinweis des wissenschaftlichen Beirats der Stiftung Marktwirtschaft.

Früher galt noch der Nichtdiskriminierungsgrundsatz: Multilateralität im außenwirtschaftlichen Güterverkehr in Verbindung mit Marktoffenheit, das heißt freiem Marktzugang auch für ausländische Anbieter. Nach wie vor ermöglichen erst diese Regeln freien Wettbewerb, der wiederum grundlegend für eine funktionierende Marktwirtschaft ist. Fehlentwicklungen, die sich über Jahrzehnte aus Bequemlichkeit oder einfach nur Ignoranz ergeben haben, machen irgendwann Anpassungen erforderlich. Strukturreformen werden unvermeidbar. Sicherlich bedeutet eine Öffnung durch Liberalisierung immer auch schmerzhafte Veränderungen. Das Schonklima der Protektion kann sich nicht mehr wie ein Schutzmantel über die inländische Produktion legen und den Blick auf die Herausforderungen der Realität von „draußen“ fürsorglich verdecken.

Zu Recht beklagen Sie Ungleichbehandlung und Interventionen durch den Staat am Beispiel von Frankreich und Russland, fordern sie aber zugleich wieder für Deutschland ein. Dabei sind im Fall von Staatsfonds bzw. von ausländischen Staaten kontrollierten Fonds sehr wohl Vorteile für das kapitalimportierende Land zu verzeichnen. Mit dem Geld können neue Investitionen getätigt und weitere Arbeitsplätze geschaffen werden. Die bessere Kapitalausstattung führt wiederum zu einer erhöhten Produktivität. Erst auf diese Weise kann man sich auf dem Weltmarkt auch behaupten. Der Glaube an eine vorwiegend politische Motivation ausländischer Fondstätigkeiten unterschätzt die wirtschaftlichen Zusammenhänge solcher Instrumente. Hier wird unter anderem von Ölstaaten des Nahen Ostens Vorsorge für die irgendwann versiegenden Einnahmen aus den Ölexporten getrieben. Seit den 70er Jahren hält z. B. Kuwait als verlässlicher Aktionär über sieben Prozent Daimler-Anteile – dem Unternehmen hat das alles andere als geschadet.

Selbstverständlich sind die Industrieländer, so auch Deutschland, vernünftigerweise gehalten, „Erpressungspotenzial“ zu minimieren. In einigen Branchen, insbesondere im Hinblick auf die Infrastruktur, ist hier eine besondere Aufmerksamkeit gefragt. Die Zeiten des Protektionismus sind aber vorbei. Heute schon erzählen wir unseren Enkeln Geschichten aus vergangener Zeit, die wie Horrormärchen klingen: von „eisernen Vorhängen“, unvorstellbaren transatlantischen Handelsbarrieren, der EU vor dem Binnenmarkt, dem abgeriegelten China, in dem eine Kulturrevolution möglich war und so weiter

Mit freundlichen Grüßen

— Prof. Dr. Michael Eilfort,

Vorstand der Stiftung Marktwirtschaft

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